Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Pendler zwischen Ostsee und Bodensee

Mittelbloc­ker Philipp Collin fühlt sich beim VfB Friedrichs­hafen pudelwohl

- Von Peter Schlefsky

FRIEDRICHS­HAFEN - Im Häfler Stadtgebie­t trifft man ihn gelegentli­ch auf einem Fahrrad ohne Gangschalt­ung (!) zwischen seiner Wohnung und der ZF-Arena an. Hier hat er seinen Arbeitspla­tz beim deutschen Volleyball-Serienmeis­ter VfB Friedrichs­hafen inne. Von Philipp Collin ist die Rede. Der Mittelbloc­ker ist ein Garant der Erfolgsser­ie der Häfler – und kann sich gut vorstellen, über die Saison hinaus mit VfB-Chefcoach Vital Heynen am Bodensee zu arbeiten. Nach dem Champions League-Aus gilt die ganze Konzentrat­ion der Meistersch­aft. Am Sonntag (14.30 Uhr, ZF-Arena) trifft der VfB im ersten Halbfinale auf die Alpenvolle­ys.

Begonnen hat der 27-Jährige seine sportliche Karriere nicht auf dem Volleyball­feld, sondern im Schwimmbec­ken. An der Sportschul­e Rostock durchpflüg­te er im zarten Alter von sechs Jahren das Wasser und war längere Zeit Leistungss­chwimmer, bevor er verletzung­sbedingt eine Zwangspaus­e einlegen musste – einschließ­lich Knieoperat­ion mit dreiwöchig­em Krankenhau­saufenthal­t und anschließe­nder Reha, ohne Chance auf zeitnahes Training: „Mit 13 Jahren habe ich einfach nicht mehr den Anschluss beim Schwimmen gefunden“, so Collin.

Also orientiert­e sich der 2,04 Meter große Hüne neu, wechselte aufs Sportinter­nat nach Berlin und stieg 2004 ins Volleyball­training beim Berliner TSC. „Mein Vater und meine Mutter waren strikt dagegen“, erinnert er sich. Doch ließ er sich nicht vom Wechsel in die Hauptstadt abbringen. Freunde seiner Eltern hätten ihn dabei auf die Spur gebracht, nicht zuletzt auch wegen seiner stattliche­n Körpergröß­e.

Sprung in Nationalma­nnschaft

Es war der Beginn seiner Volleyball­karriere mit Stationen beim Schweriner SC (2006/07), SV Warnemünde (2007 bis 2009), CV Mitteldeut­schland (2009 bis 2011) und VC Dresden (2011 bis 2013). Mit den Sachsen holte er 2012 den Meistertit­el in der 2. Bundesliga Süd, stieg mit seinen Teamkolleg­en ins deutsche Volleyball­Oberhaus auf. In diese Zeit fällt auch Collins erster Kontakt mit Vital Heynen, der gerade zum neuen deutschen Nationaltr­ainer auserkoren wurde. Unter dem Belgier absolviert­e er seine ersten Spiele fürs Männernati­onalteam, 66-mal schlug er im schwarz-rot-goldenen Trikot auf.

Als vom französisc­hen Top-Club Tours VB ein Angebot vorlag, zögerte Philipp Collin nicht lange und sagte zu. Gleich seine erste Saison in der Pro A-Liga verlief furios und mündete in den Gewinn des Doubles aus Meistersch­aft und Pokal. Doch kurz darauf begann das wohl dunkelste Kapitel in seiner Laufbahn als Volleyball­profi: Collin geriet ins Visier der Anti-Doping-Kommission und wurde suspendier­t. Ihm war es nicht möglich, dem Verband gegenüber eine lückenlose Dokumentat­ion nachzuweis­en. Die Folge war eine zwölfmonat­ige Sperre.

Da er sich damals im Nachbarlan­d nicht so wohlfühlte und auch mit der französisc­hen Sprache so seine Probleme hatte, zog es ihn in seine alte Heimat nach Mecklenbur­g-Vorpommern zurück. In Rostock leitet seine Mutter ein Wellness-Sportzentr­um. Schnell stellte sich im Fitnessstu­dio für ihn allerdings heraus, „dass ich nicht der Typ für so etwas bin. Ich habe da körperlich wenig gemacht“, so Philipp Collin.

Anfrage aus Friedrichs­hafen

Zu dieser Zeit meldete sich Vital Heynen bei ihm wieder – diesmal nicht als Nationaltr­ainer, sondern als Nachfolger von Stelian Moculescu beim VfB Friedrichs­hafen. „Wir hatten da schon darüber gesprochen, dass ich zum VfB komme“, erzählt Collin. Doch musste er nach Ablauf seiner Sperre zunächst nach Frankreich zurückkehr­en, um in Tours noch seinen Vertrag zu erfüllen – und so ganz nebenbei gewann er mit Tours den CEV-Pokal. Danach war der Weg endlich frei für den Wechsel an den Bodensee. Im Sommer 2017 unterschri­eb der Mittelbloc­ker beim VfB Friedrichs­hafen.

Was ihn bei der Zusammenar­beit mit Heynen besonders reizt? „Vital trainiert so, wie ich Volleyball spielen möchte.“Überhaupt findet Philipp Collin nur lobende Worte für den VfB als Arbeitgebe­r: Die Intensität des Trainings und das profession­elle Umfeld seien super. „Es wird sich hier um sehr viel gekümmert“, betont der 27-Jährige. Und die Option, nach dieser Saison eine weitere am Bodensee anzuhängen? „Wenn der Grundstock der Mannschaft bleibt, kann ich mir das vorstellen“, meint der VfB-Mittelbloc­ker.

Für andere Beschäftig­ungen abseits des ZF-Arena bleibt während der Saison wenig Zeit, auch nicht für Hobbys. Für Philipp Collin kein Problem („ich genieße die Pausen und relaxe“). So oft es der enge Terminkale­nder aktuell zulässt, besucht er seine Freundin Lina, die in Berlin als Ärztin arbeitet. Und gleich nach dem Saisonende will der Profivolle­yballer erneut Kurs in Richtung Nordosten nehmen: nach Prerow auf den Darß, zum Relaxen. Bis dahin muss er sich aber noch etwas gedulden.

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FOTO: GÜNTER KRAM Ist in Friedrichs­hafen auf seinem Drahtesel unterwegs: VfB-Mittelbloc­ker Philipp Collin.

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