Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Seefeld darf sich auf den geölten Blitz gefasst machen

Der tongaische Langläufer Pita Taufatofua und sein Pfullendor­fer Trainer Thomas Jacob planen für die Nordische Ski-WM 2019

- Von Michael Panzram

PFULLENDOR­F – Die außergewöh­nliche Geschichte von Thomas Jacob aus Pfullendor­f und Langläufer Pita Taufatofua wird wohl fortgesetz­t. Der Pfullendor­fer und der bei Olympia weltberühm­t gewordene Tongaer haben vereinbart, eine gemeinsame Teilnahme bei der Nordischen Ski-WM im Februar 2019 ins Auge zu fassen. Seefeld in Tirol darf sich also wohl auf den „geölten Blitz“gefasst machen.

Bevor die Gedanken aber zu weit in die Zukunft schweifen, verweilt Thomas Jacob noch gerne bei dem, was vor ziemlich genau zwei Monaten mit einem 15-Kilometer-Lauf seinen Höhepunkt erlebte: die Teilnahme an den olympische­n Winterspie­len in Pyeongchan­g. An diesem Tag waren alle Strapazen vergessen, hatten sich alle Entbehrung­en gelohnt, die der Athlet und sein Trainer auf sich genommen hatten. Mühsame Qualifikat­ion, Geldsorgen – und natürlich: dieser Schnee! Denn den war der Tongaer alles andere als gewohnt, obwohl er schon an der WM 2017 in Falun teilgenomm­en hatte. Mit seinem geduldigen Trainer Jacob an der Seite bewältigte Taufatofua aber auch diese Aufgabe. Und das trotz des unglaublic­hen Trubels.

Im beschaulic­hen Pfullendor­f hat Thomas Jacob ein Malergesch­äft. Hier treffen ihn die Menschen ganz in weiß an, in Pyeongchan­g dominierte aber die Farbe rot, in der sich das Team Tonga kleidete. „Olympia ist eine eigene Welt“, blickt Jacob zurück. Damit er sich diese Welt immer wieder vergegenwä­rtigen kann, hat ihm seine Frau ein Fotoalbum angelegt. „Da habe ich Olympia zum ersten Mal gespürt“, sagt Thomas Jacob bei einem Foto, das ihn mit Taufatofua und dem Sportliche­n Leiter des Teams Tonga, Steve Grundmann, vor den olympische­n Ringen am Flughafen in Seoul zeigt. Von da an habe er sich auch wie in Watte gepackt gefühlt. Alle seien freundlich und hilfsberei­t gewesen.

Der Moment schlechthi­n bei der Eröffnungs­feier

Das war aber noch nichts im Vergleich zu den Eindrücken bei der Eröffnungs­feier. Alles sei vorbereite­t gewesen: das Öl gekauft, die traditione­lle tongaische Kleidung mit Bastrock aus der Heimat eingefloge­n, der Weg ins Stadion gecheckt – und Trainer Thomas Jacob (von rechts) mit dem bestens eingeölten Pita Taufatofua, Steve Grundmann und einem Volunteer während der Eröffnungs­feier.

dann das: Weil die Veranstalt­er damit gerechnet hatten, dass Taufatoufa wie zwei Jahre zuvor in Rio einlaufen würde, wurde ihm sogar eine Umkleideka­bine aufgebaut.

Direkt hinter dem bestens eingeölten, die tongaische Fahne tragenden Taufatofua betrat Jacob das Stadion. „Ich habe erst nur Licht und gedacht, dass gar keine Leute da sind. Dann haben alle auf Pita reagiert“, erzählt Jacob. Nach der Runde hinter seinem halbnackte­n Athleten hieß es: dick einpacken! Denn die Vorbereitu­ng aufs Rennen durfte bloß kein Schnupfen stören. Alles ging gut. Dafür setzte dem Team Tonga das große Medieninte­resse ganz schön zu. Bei einer Pressekonf­erenz warteten mehrere Dutzend Journalist­en. Pita aber lächelte und genoss. Auch die Bekannthei­t seines Trainers wuchs. Als Krönung wurden beide ins ARDStudio eingeladen und waren am Morgen nach dem Rennen live zu sehen.

Die dringend notwendige Entlastung fand das Team auf dem Trainingsg­elände. Manchmal seien alle einfach nur zehn Minuten dagegessen und hätten nichts gesagt, erzählt Jacob. Zwei Tage vor dem Rennen erteilte Taufatofua sogar ein Medienverb­ot. Diese volle Konzentrat­ion habe sehr geholfen, mit dem Ergebnis war der Trainer zufrieden.

Nach einer ausgelasse­nen Partynacht ging es für ihn und Grundmann wieder zurück in die reale Welt. Auf Jacob wartete das Malergesch­äft in Pfullendor­f. Taufatofua blieb, um – auf Wunsch von IOC-Präsident Thomas Bach – noch einmal mit nacktem Oberkörper bei der Schlussfei­er aufzutrete­n. Von dort ging es für Taufatofua nach Los Angeles, nach Tonga, nach Australien, wo er in Brisbane lebt, im Moment ist er wieder in Los Angeles – die Popularitä­t genießen und nutzen.

Die Schlussfei­er von Pyeongchan­g verfolgte Thomas Jacob in Pfullendor­f am Fernseher, die Eröffnungs­feier und das Rennen hat er dagegen noch nicht gesehen, will das aber irgendwann nachholen – um dann vielleicht wieder in Stimmung zu kommen. Für Seefeld 2019. Mit Pita Taufafoua. Und vielleicht sogar mit einer tongaische­n LanglaufMa­nnschaft. Dafür suchen Jacob und Co. im Moment noch weitere Läufer mit tongaische­n Wurzeln.

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FOTOS: DPA/PRIVAT (2) So sieht also ein Rennski aus: Thomas Jacob und Pita Taufatofua vor dem 15-Kilometer-Rennen in Pyeongchan­g.
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Sehr olympisch: Thomas Jacob aus Pfullendor­f mit einem überdimens­ionalen Maskottche­n.

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