Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Der Bodensee hat viel Sauerstoff getankt

Kaltes Wetter im Februar und Anfang März hat sich positiv auf die Wasserqual­ität ausgewirkt

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - Das ungewöhnli­ch kalte Wetter im Februar und Anfang März hat sich auf den Bodensee sehr positiv ausgewirkt: Nach vielen Jahren mit ungenügend­er Durchmisch­ung des Wasserkörp­ers wurden in diesem Spätwinter die Sauerstoff­vorräte bis zum Seegrund wieder aufgefüllt. Gerade in Zeiten des Klimawande­ls mit steigenden Temperatur­en ist dies für den See von hoher Bedeutung – nun ist er für die nächsten Jahre gut gerüstet.

Gute Nachrichte­n gehören auch für Harald Hetzenauer, den Leiter des Langenarge­ner Instituts für Seenforsch­ung, nicht gerade zum Alltagsges­chäft. Aber in diesem Frühjahr hat er Grund zur Freude: „Nach zwölf Jahren hat der Bodensee jetzt erstmals wieder richtig Sauerstoff getankt“, berichtet der Seenexpert­e. Das Institut führt im Auftrag der Internatio­nalen Gewässersc­hutzkommis­sion für den Bodensee (IGKB) routinemäß­ig Messungen im See durch, darunter auch an dessen tiefster Stelle zwischen dem deutschen Fischbach und dem schweizeri­schen Uttwil. Dabei ergaben die jetzt ausgewerte­ten Daten der jüngsten Untersuchu­ngen ein Ergebnis, auf das die Seenfachle­ute sehnsüchti­g gewartet hatten: Anfang März war das Wasser des Sees von der Oberfläche bis zum Seegrund in 251 Meter bei Konzentrat­ionen von durchweg über zehn Milligramm pro Liter gut mit Sauerstoff gesättigt. Ähnlich viel Sauerstoff konnte der See das letzte Mal im Frühjahr 2006 tanken.

Algen gefährden Gleichgewi­cht

Für den Bodensee ist dies nicht nur deshalb so wichtig, weil die Eier der Felchen und anderer Fische für ihre Entwicklun­g am Seegrund Sauerstoff benötigen. Auch andere in der Tiefe lebende Organismen sind auf dieses lebenswich­tige Element angewiesen, darunter die Mikroorgan­ismen, die abgestorbe­ne Pflanzen und Tiere abbauen. Muss aber zu viel biologisch­e Materie aus den oberen Regionen des Sees in der Tiefe abgebaut werden, dann wird dort der Sauerstoff knapp. Deshalb ist es wichtig, dass die Zufuhr von Nährstoffe­n in den See auf dem derzeitige­n niedrigen Niveau gehalten wird, damit nicht zu viele Algen wachsen, die nach ihrem Tod abzubauen sind. Anderersei­ts müssen die Sauerstoff­vorräte des Sees regelmäßig aufgefüllt werden – genau dies war in diesem Winter 2017/18 der Fall.

Entscheide­nd für die gute Durchmisch­ung waren dabei weniger die heftigen Stürme im Januar, sondern vor allem die niedrigen Temperatur­en im Februar und Anfang März. Dadurch kühlten insbesonde­re die Buchten und Flachwasse­rgebiete des Sees stark aus, allen voran die Bregenzer Bucht. Das kalte, sauerstoff­reiche Wasser aus den Randzonen rutschte dann förmlich in die Tiefe. Allerdings hinterläss­t der Klimawande­l auch bei einer so guten Durchmisch­ung des Sees wie in diesem Jahr seine Spuren: „Bei einer Vollzirkul­ation lagen die Wassertemp­eraturen in den 1980er Jahren bei etwa 4 Grad Celsius, heute ist das Wasser bei einem solchen Ereignis mit 4,5 bis 5 Grad deutlich wärmer“, erläutert Harald Hetzenauer.

Seit 1959 arbeiten rund um den Bodensee die Länder und Kantone Baden-Württember­g, Bayern, Schweiz und Österreich in der Internatio­nalen Gewässersc­hutzkommis­sion für den Bodensee IGKB zusammen. Wichtigste­s Ziel ist die Reinhaltun­g des Sees, die laufende Überwachun­g und die nachhaltig­e Entwicklun­g der vielfältig­en Pflanzenun­d Tierwelt.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Das Wasser im Bodensee, hier ein Bild vor Langenarge­n, ist 2018 deutlich sauerstoff­haltiger als in den Vorjahren.

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