Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Wenn’s läuft, dann läuft’s“

Edi Graf stellt in Schloss Gießen seinen Krimi zur Fussball-WM 2018 in Russland vor

- Von Christel Voith

KRESSBRONN - „Ich bin tatsächlic­h fußballtec­hnisch unbedarft, in Theorie und Praxis, genau wie mein Kommissar“, hat Autor Edi Graf am Dienstagab­end bei seiner Lesung in Schloss Gießen bekannt, und das wo sein erster Fußballkri­mi „Bombenspie­l“bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika angesiedel­t war. „Komm, mach mal wieder einen“, habe der Verlag gedrängt, und er hat’s nochmal gepackt: mit dem „Russlandcu­p“zur Fußball-WM 2018.

„Elf Spieler, elf Lesungen“habe er gesagt, und Ulrike Martin vom Kulturbüro Kressbronn habe als Erste angebissen. Der anfangs zögerliche Vorverkauf machte ihr Sorgen, doch die waren unbegründe­t: Schon eine halbe Stunde vor Beginn standen die Besucher in angeregtem Gespräch im Vorhof und bald füllten sie den alten Saal im Schloss Gießen, das Hausherr Werner Heine gerne für die Lesung geöffnet hatte. „Guck mal, die dicken Mauern“, hieß es da bewundernd. Viele Bekannte aus Edi Grafs Friedrichs­hafener Zeit und Fans seiner Bücher mischten sich mit Neugierige­n, die gerne das private Schloss von innen sehen wollten. Da passte die alte Uhr, die gleich zweimal die Stunde schlug, bestens dazu.

Schmunzeln­d stellte Graf sein Personal vor: Privatdete­ktiv „Rainer Zufall“, der sich „Kommissar Zufall“nennt, den Notarzt und Leichenbes­tatter Dr. Smrt und dessen Helfershel­fer, die für ihn im Ländle frische Leichen aufspüren, den Geier Wallander und die Hyäne Kurt. Dass die erste Leiche auf dem Sportplatz des FC „Kickender Wengerter“gefunden wird und der Hausmeiste­r „Tor Wärtle“heißt, dass die Leiche als verblichen­er Keeper der deutschen Nationalma­nnschaft Gutwart Pfost heißt und ein nicht beteiligte­r Tübinger Professor Dr. Dagobert Doping, verrät schnell, dass Graf sich hier nicht einen Realkrimi, sondern einen Skurril-Krimi ausgedacht hat und seinen gehörigen Spaß daran hat: „Das ist für mich ein totaler Ausgleich für das, was man sonst macht“, sagte er in der Pause.

Fußball mit seinen bekannten Problemen, wie Steuerhint­erziehung, Manipulati­onen und Dopingskan­dalen, sei eigentlich kaum mehr ein Thema für einen Krimi, also hat er vergnügt eine Krimi-Parodie draus gemacht, die vor Klischees nur so trieft. Man denke nur an den feschen Bilderbuch­bayern von der Anti-Doping-Kommission des DFB, der Kommissar Zufall ebenso einen lukrativen Auftrag und einen Flug nach Sotschi verschafft wie der Bilderbuch­russe Eriwan auf der anderen Seite. Wenn dann Edi Graf beim Lesen auch noch jedem seine eigene Stimme und seinen Dialekt oder Akzent mitgibt, dann ist das Vergnügen der Zuhörer perfekt. „Wenn’s läuft, dann läuft’s“reibt sich Kommissar Zufall die Hände, als ihn auch noch ein dritter lukrativer Auftrag erreicht.

Was mit der Leiche passiert, die Dr. Smrt auf seinem Smart bis ans Schwarze Meer karren will, erfährt man bei der Lesung ebenso wenig wie die Hintergrün­de eines Überfalls in Moskau. Wer das wissen will, muss selbst lesen. Bloß eins hat Graf im „Nachspiel“noch verraten: dass der vom Fußball unbeleckte Kommissar Zufall seine Chance verpasst, in Jogi Löws Nationalma­nnschaft mitzuspiel­en.

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FOTO: CHRISTEL VOITH Mit sichtliche­n Vergnügen stellt Edi Graf im Schloss Gießen seinen Krimi „Russlandcu­p“vor.

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