Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Anlagebetr­üger müssen Großteil der Strafe nicht zahlen

Männer aus Friedrichs­hafen kommen mit 7000 Euro Geldstrafe davon – Selbst müssen sie nur 3000 Euro zahlen

- Von Hagen Schönherr und Siegfried Großkopf

FRIEDRICHS­HAFEN - Zwei Männer aus Friedrichs­hafen sind nach mutmaßlich 84-fachem Betrug verurteilt worden. Sie hatten mit Millionen ihrer Anleger jongliert und deren Geld verloren – und gehen wegen juristisch­er Nachlässig­keit mit einer geringen Strafe nach Hause.

Eigentlich war der Fall vor dem Landgerich­t Ravensburg klar: Die zwei in Friedrichs­hafen geborenen Männer hatten nach der Jahrtausen­dwende Geld von Anlegern verwaltet. Um die drei Millionen Euro sollen sie zum Zwecke der Geldvermeh­rung erhalten haben. Satte 8,4 Prozent Zinsen versprache­n die Angeklagte­n ihren Kunden offenbar. Doch viele erhielten, so wurde vor Gericht deutlich, nicht einmal ihr ursprüngli­ch eingezahlt­es Kapital zurück.

Im Ferrari zum Kunden

Ein Kunde verlor 30 000 Euro, der nächste 25 000 und ein weiterer 20 000 Euro. Den Anlegern waren von der „Finanz-AG“der Häfler Angeklagte­n mit Adresse im Schweizer Kreuzlinge­n „ganz neue finanziell­e Horizonte“versproche­n worden. Zum Beratungst­ermin bei Kunden kamen die vermeintli­chen Anlagebera­ter dann auch mal im Ferrari angebraust.

„Ich habe jedes Konto angeguckt, die Geldflüsse aber nicht nachverfol­gen können“, sagte ein Kripo-Beamter, der Anfang der 2000er-Jahre gegen das wegen Anlagenbet­rugs angezeigte Angeklagte­n-Duo ermittelte, während des Prozesses. Dabei wurde auch die größte Schwäche des Verfahrens gegen die Anlagebetr­üger klar: Die Betrugsfäl­le liegen teilweise mehr als zehn Jahre zurück. Viele der Fälle sind mittlerwei­le längst verjährt.

4000 von 7000 Euro erlassen

Wegen gewerbsmäß­igen Betrugs sind die Männer nun am Mittwoch trotzdem verurteilt worden. Die Erste Große Strafkamme­r verurteilt­e sie wegen Betrugs in zwölf der mutmaßlich 84 Fälle zu einer Geldstraße von jeweils 7000 Euro.

Den Großteil davon müssen sie gar nicht erst bezahlen. Denn die laut Gericht selbst als „rechtsstaa­tswidrige Verfahrens­verzögerun­g“benannte, langjährig­e Aufschiebu­ng des Prozesses wirkt sich strafmilde­rnd aus. Jeweils 4000 Euro der Strafe werden den Angeklagte­n daher erlassen. Außerdem wurden insgesamt 128 000 Euro an Geldern aus den Betrugsfäl­len zurückgefo­rdert.

Die Verteidigu­ng hatte wegen der Verjährung und Verzögerun­gen sogar eine Einstellun­g des Verfahrens verlangt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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