Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zwischen Lyrik, Prosa und Erörterung
Zehntklässler der Gemeinschaftsschule Graf-Soden absolvieren schriftliche Deutschprüfung
FRIEDRICHSHAFEN - Ende gut, alles gut? Mit dem Fach Deutsch stand am Donnerstag jedenfalls das letzte Fach der schriftlichen Realschulabschlussprüfung auf dem Programm. Und die Erleichterung war groß – zum Beispiel auch in der Gemeinschaftsschule Graf Soden. Dort schwitzten 74 Zehntklässler von 8 bis 12 Uhr über Lyrik- oder Prosabeschreibungen, über einer Erörterung, in der es um den Umgang mit Flüchtlingen geht, oder einer Lektüre zum Thema Apartheid.
Ärger und Verwirrung hatte es im Vorfeld gegeben. Am 13. April wurde in einer Schule in Bad Urach ein – offenbar durch Fremdeinwirkung – vollständig geöffneter Umschlag mit beschädigtem Siegel entdeckt, in dem die Deutsch-Prüfungsaufgaben enthalten waren. Diese Lücke in der Sicherheitskette führte schließlich ANZEIGE dazu, dass die für den 18. April angesetzte Prüfung um neun Tage verschoben werden musste – und die Prüfungsaufgaben zum Einsatz kamen, die eigentlich für die Nachprüfung vorgesehen waren.
40 000 Schüler sind von Verschiebung betroffen
Von der Terminverschiebung waren insgesamt rund 40 000 Schülerinnen und Schüler im Ländle betroffen. Statt wie geplant den Anfang, bildete die Deutschprüfung nach den schriftlichen Prüfungen in den Fächern Mathematik und Englisch beziehungsweise Französisch damit den Schluss der Realschulabschlussprüfung.
Dass der Umgang von verantwortlicher Seite mit den Prüfungsaufgaben in höchstem Maße ärgerlich sei, das hatte auch Kultusministerin Susanne Eisenmann unmissverständlich klargemacht. „Ja, das Ganze war schon eine Belastung – auch für den Lehrkörper“, sagte Deutschlehrerin Eva Bielak. „Dadurch entstand auch ein gewisser Zeitdruck, weil wir jetzt neun Korrekturtage weniger haben.“
Große Diskussionen habe es aufgrund der Verschiebung in den Klassenzimmern zwar nicht gegeben, ergänzt Lehrerkollegin Linda Miehle. „Aber im Deutschunterricht der Abschlussklassen durch die Verschiebung schon die Luft raus“, sagt sie. Dass die Aufgaben der Deutschprüfung „ansprechend und fair“gewesen seien, wird von beiden Lehrerinnen bestätigt.
Es habe keine „Ausreißer“und keine Prüfungsaufgaben gegeben, die von den Schülern nicht gewählt worden seien. Erfreut zeigten sich die Lehrerinnen darüber, dass insbesondere die Textbeschreibungen Bezug zum Leben und Alltag der Jugendlichen hätten. Hier standen alternativ das Liebesgedicht „Kleines Solo“von Erich Kästner und die Kurzgeschichte „Die Botschaft“von Jutta von Lühe-Tower zur Auswahl.
Inzwischen ist es 12 Uhr geworden – Abgabeschluss. Jugendliche Erleichterung allerorten, natürlich auch ein wenig Ungewissheit. Jetzt erst mal an die frische Luft und kräftig durchpusten. Wie ist es gelaufen? „So schlimm war’s gar nicht“, so der allgemeine Tenor. „Wir haben nichts geschenkt bekommen, aber die Prüfung war fair“, sagt etwa der 16-jährige Yilmaz Erdogan. „Die Verschiebung hat mir sogar einen größeren Puffer fürs Lernen verschafft.“Jetzt geht’s für Yilmaz und seine Mitschüler erst mal ins Wochenende. Mit dem Pauken ist allerdings noch nicht Schluss. Nicht zu vergessen die „Fachübergreifende Kompetenzprüfung“und die – optionale – mündliche Prüfung, die Ende Juni auch über die Bühne gehen werden.