Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

EU in der Krise

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Zum Artikel „Woche der Wahrheit für die EU-Reformer“(16.4.):

Noch bis vor zehn Jahren war für mich der Zerfall der EU undenkbar. Heute muss ich einräumen, dass ich mich offensicht­lich zu sicher gefühlt habe. Der Glaube war verbreitet, dass Krisen, die es in der europäisch­en Gemeinscha­ft immer wieder gab, stets durch eine positive Wirtschaft­sentwicklu­ng abgefedert werden können. Heute befindet sich Europa in einer existenzie­llen Krise.

Seit Beginn der Finanzkris­e im Jahre 2008 haben es Europas Politiker nicht verstanden, eine alternativ­e ökonomisch­e Konzeption zu entwickeln, die anstelle der Theorie des permanente­n Wachstums treten könnte. Europa hat darüber hinaus in der Vergangenh­eit seine diplomatis­chen Beziehunge­n zu Russland vernachläs­sigt. Wladimir Putin ist in seiner Politik bekannterm­aßen nicht darauf erpicht, die EU zu stärken. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall.

Neben bekannten außenpolit­ischen Belastungs­feldern sieht sich die Union zusätzlich einer inneren Zerreißpro­be ausgesetzt. Der Brexit hat der Union einen ersten Höhepunkt dieses Drucks von innen vor Augen geführt. Der instabile Innenzusta­nd der Union ist das zentrale Problem. Die EU wird vermutlich nicht in ihre Einzelteil­e zerfallen. Aber es könnte sich ein „Kerneuropa“mit einer gemeinsame­n Finanz-, Außen- und Sicherheit­spolitik herausbild­en.

Alfred Kastner, Weiden

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