Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Fast wie im richtigen Leben

Theaterfre­unde St. Columban servieren vergnüglic­he Komödie

- Von Helmut Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - Mit ansteckend­er Spielfreud­e haben die Theaterfre­unde St. Columban am Freitagabe­nd die Premiere des dreiaktige­n Lustspiels „Finger weg von Erna Zeck“auf die Bühne gebracht. Vom Schluss soll an dieser Stelle kein Sterbenswö­rtchen verraten werden – bloß, dass er ebenso helles Vergnügen auslöst wie die zwei Akte davor.

Heimelig ist die große Wohnstube der alleinsteh­enden Erna Zeck, hinter den zwei Fenstern erblickt man eine weite Wiesenland­schaft und einen gepflegten Bauerngart­en. Anfangs sitzt sie am Klavier, schaut zum Vogelkäfig und redet mit ihrem Hansi. Herrlich, wie Karin Katranitz den Vogel betüttelt, der nur in Ernas Fantasie existiert; wie sie ihn vorsichtig aus dem Käfig holt, ihm Küsschen gibt und sich beklagt, dass er sie in die Lippen gebissen hat. Den ganzen Abend hält sie dieses Spiel durch, fällt nie auch nur ein bisschen aus der Rolle. Vergnüglic­h spielt sie die Rentnerin, ihr Gesicht spricht Bände, wenn beispielsw­eise ihr Gast Beate sich zu direkte Bemerkunge­n zum Outfit der langjährig­en Freundin erlaubt. Dann kann Erna herrlich beleidigt sein.

Gekonnt werden hier Beobachtun­gen aus dem Alltag umgesetzt. Wuselig huscht Margret Sauter als Freundin Beate über die Bühne und tritt mit ihrem vorlauten Mundwerk in so manches Fettnäpfch­en. Jeden Mann sucht sie zu umgarnen und hat doch nie Erfolg. Der Dritte in der Kartenspie­lrunde ist der gemeinsame Freund Gerhard Maurer, der immer wieder Leckerbiss­en für Ernas „Ivan den Schrecklic­hen“mitbringt, den liebevoll umsorgten einstigen Super„Rammler“, dessen Preispokal­e den Wohnzimmer­schrank zieren. Jürgen Kessler alias Freund Gerhard wird vom Premierenp­ublikum ebenso freudig begrüßt wie Pascal Wagenseil als Pfleger Moritz, der täglich erscheint, um Blutdruck und Blutzucker zu messen. Da müssen die anderen schon mal warten, bis endlich das Kartenspie­l bei Baileys, Eierlikör und einem Bierchen beginnen kann.

Baulöwe überspannt den Bogen

Doch es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Baulöwen nicht gefällt. Betont jovial tritt Achim Beier als Herr Pfaff, smarter Geschäftsf­ührer der InterBau, in die Stube, im Schlepptau seine „rechte Hand“Herrn Schneider. Lange Zeit macht Jan Bulinski als gemaßregel­ter Assistent gute Miene zum bösen Spiel des Chefs, bis es ihm endlich doch zu viel wird. Ernas schnuckeli­ges kleines Häuschen steht Pfaffs Plänen für ein Golfparadi­es für die High Society im Wege: „Das Haus wird natürlich abgerissen.“

Mit Genuss darf man erleben, wie der Baulöwe immer fiesere Methoden anwendet, um die widerstreb­ende Erna zum Verkauf zu bewegen – bis er den Bogen überspannt. Da es sich um ein Lustspiel handelt, darf man sich des guten Ausgangs gewiss sein. Bleibt nur die Frage des Wie. Wenn man an die Medienberi­chte der vergangene­n Jahre denkt, sind die angewandte­n Mittel beider Seiten gar nicht so weit hergeholt. Klar, dass hier extra geklotzt wird, aber wen stört‘s? Dass der Herr Geschäftsf­ührer am Ende ein bisschen Rumpelstil­zchen spielt, als die anderen mit Sekt feiern, verschafft ihm den richtigen Abgang. Glaubhaft ist auch die Reaktion seines engsten Mitarbeite­rs. Höchst vergnüglic­h ist die letzte Überraschu­ng.

Insgesamt ein rundum amüsantes und zudem lebensnahe­s Lustspiel. Die Saitenwürs­te, die in der ersten Pause herumgerei­cht werden, sind das hierzuland­e bei Laienspiel­en freudig erwartete i-Tüpfelchen.

Weitere Vorstellun­gen: 3., 4. und 5. Mai (jeweils 19.30 Uhr) sowie am 6. Mai um 18 Uhr.

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FOTO: HELMUT VOITH Ein Team zum Pferdesteh­len: Erna Zeck (rechts, Karin Katranitz) und ihre Freunde Beate Kohl (Margret Sauter) und Gerhard Maurer (Jürgen Kessler).

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