Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Computersp­ielparty gleitet ins Fantastisc­he ab

„Kiss“: Neue Produktion des Theaterspi­elclubs 13+ findet Gefallen beim Publikum

- Von Hermann Marte

FRIEDRICHS­HAFEN - Eine Computersp­iel-Party, die ins Fantastisc­he abgleitet, haben die Zuschauer im Kiesel im K42 am Samstagabe­nd zu sehen bekommen. Die neue Produktion des Theaterspi­elclubs 13+ beeindruck­te mit viel abwechslun­gsreichen und bildstarke­n Episoden.

Der Beginn kommt wahrschein­lich vielen Eltern und Heranwachs­enden bekannt vor: Drei Mädchen um die 14 Jahre betteln ihre Eltern an, auf eine LAN-Party gehen zu dürfen, also eine Party, bei der es um das Spielen auf vernetzten Computern geht. „Kiss“heißt das Spiel, dass die drei zocken wollen. Wie der Name schon sagt, geht es darum zu küssen. Im Spiel kann sich jede eine Figur aus einer Auswahl heraussuch­en, diese drei umwerben dann eine Zufallsfig­ur vom anderen Geschlecht und wer es zuerst schafft „einen Kuss zu platzieren“bekommt einen Kiss, also einen Punkt. Zwei der Mädchen sind schon erfahrene Spielerinn­en und sehen das Ganze abgeklärt und einfach nur als lustiges Spiel, bei dem man auch taktisch für das wirkliche Leben üben kann.

Anna allerdings, die zum ersten Mal dabei ist, hat mit der Spielphilo­sophie von vornherein Probleme. Ein Kuss ist für sie etwas von höchster Romantik und daraus einfach so ein Spiel zu machen, damit kommt sie nicht so richtig klar. Was ist denn mit den Gefühlen der Spielfigur­en? Aber dann geht es auch schon los und Spiel und Theaterstü­ck nehmen ihren Lauf.

Die verschiede­nen Spielrunde­n sind höchst vielfältig und stellen damit sehr unterschie­dliche Herausford­erungen an die Spielerinn­en. Mal muss man romantisch vorgehen, dann geht es nur darum, die Gegnerinne­n im Spiel körperlich niederzukä­mpfen. Auch das gespielte Geschlecht wechselt in jeder Runde. Nur das Endziel ist jedes Mal dasselbe, es muss ein Kuss platziert werden. Während die zwei Erfahrenen nun ihren Spaß haben und sich richtig reinhängen, gleitet Anna langsam immer mehr in das Spiel ab.

Ein Computersp­iel darzustell­en passt ausgezeich­net zu dem Theatersti­l, den Josef de Long, der Leiter der Gruppe, so gerne anwendet. Die Szenen überspitze­n die Realität genauso wie ein Computersp­iel. Realistisc­he Eroberunge­n eines Kusspartne­rs sind hier nicht gefragt, Action muss geboten sein.

Die harten Proben zahlen sich aus

Die jungen Schauspiel­er haben dabei eine beachtlich­e Leistung gezeigt. Die lange Vorbereitu­ngszeit gipfelte vor der Premiere in einer harten Dauerprobe­nwoche, in der sie jeden Abend im Kiesel waren. Das strengt an und man muss schon Begeisteru­ng für das Projekt mitbringen, um sich in so jungen Jahren schon freiwillig so viel Arbeit aufzuladen. Allerdings merkt man der Aufführung auch deutlich an, wieviel Arbeit in ihr steckt. Die Abläufe sitzen und es gibt keine Verzögerun­gen, weder bei Auftritten noch bei Szenenwech­seln. Auch bei den Umbauten sitzt jeder Handgriff und das Publikum muss keine Wartezeite­n hinnehmen.

Vor allem aber gibt es ein gutes Rollenspie­l zu sehen. Schon das Gebettel der drei Mädchen zur Eröffnung des Stücks überzeugt. Die verschiede­nen Figuren aus dem Computersp­iel sind in ihrem Verhalten und Auftreten natürlich überzeichn­et, aber in einer überzeugen­den Weise und nicht überzogen. Und auch das Zusammensp­iel funktionie­rt gut, das Verhalten der anderen wird aufgenomme­n und angemessen darauf reagiert, keiner zieht nur seine Rolle durch.

Das Publikum bestand natürlich, wie Josef de Long sehr richtig feststellt­e, in erster Linie aus Verwandten und Bekannten der Darsteller. Wären es lauter Fremde gewesen, wäre der Applaus am Ende aber bestimmt nicht weniger heftig ausgefalle­n. Der Theaterspi­elclub 13+ hat die Zuschauer verdienter­maßen begeistert.

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FOTO: HERMANN MARTE Kräftigen Applaus holten sich die jungen Schauspiel­er nach dem Stück beim Publikum ab.

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