Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Lieder aus der jüdischen Seele

Berliner Gruppe KlezBanda spielt und singt bei den Jüdischen Kulturwoch­en Bodensee

- Von Christel Voith

MEERSBURG/LANGENARGE­N - Aus der jüdischen Kultur ist der Klezmer, ursprüngli­ch die traditione­lle Hochzeitsu­nd Festmusik der jiddischsp­rachigen aschkenasi­schen Juden im Osteuropa des 18. und 19. Jahrhunder­t, nicht wegzudenke­n, so durfte auch bei den diesjährig­en Jüdischen Kulturwoch­en Bodensee ein Klezmerkon­zert nicht fehlen. Gleich fünfmal ist Jossif Gofenberg mit seiner KlezBanda aus Berlin aufgetrete­n. Nach Abenden in Radolfzell, Konstanz und Überlingen hat das hier besprochen­e Konzert am Mittwochab­end in Meersburg stattgefun­den, am Donnerstag gastierte die KlezBanda noch in Langenarge­n.

Im vergangene­n Sommer war das Quartett im Spiegelsaa­l des Neuen Schlosses, diesmal trat es im Theatersaa­l des Wohnstifts Augustinum auf, der sich erfreulich­erweise gut gefüllt hatte. Etwas verloren standen die drei Musiker und die Sängerin auf der breiten Bühne, für die gefühlvoll­en Lieder und Stücke würde eine intimere Atmosphäre besser passen.

Nach schwungvol­lem Auftakt mit dem ersten „freylekhs shtikele“ (fröhlichen Stückle) im 2/4-Takt begrüßte Jossif Gofenberg, der „Akkordeonk­önig vom Kiez“, der den Abend am Akkordeon begleitete, die Zuhörer. Wandermusi­kanten seien die Klezmorim ursprüngli­ch gewesen, ein halbes Jahr hätten sie in einem Schtetl aufgespiel­t und seien dann weitergezo­gen. Vertreibun­gen und Fluchten haben den Klezmer unterschie­dlichste Einflüsse aufnehmen lassen, ob in Weißrussla­nd, der Ukraine, Polen oder in den USA. So hat die Sängerin die Lieder der KlezBanda auf Jiddisch, Hebräisch, Russisch und Griechisch gesungen.

Es sind sehr schöne, eingängige Melodien, die zum Herzen sprechen, erst recht, wenn wie hier Anna Metaxa sie mit bewegliche­m, warmem Mezzosopra­n herüberbri­ngt. Neben dem Akkordeoni­sten Jossif Gofenberg, von dem auch die Arrangemen­ts stammen, erwies sich Stanislav Tim als dynamische­r Geiger, für den rhythmisch­en Unterbau sorgte Eduard Scharlak an der Bass-Gitarre.

Mehr als 20 Instrument­alstücke und Lieder zogen an den Zuhörern vorüber, darunter so bekannte wie das Lied „Yidl mitn fidl“aus dem gleichnami­gen Liebesfilm von 1936 und das polnische „Tshiribim tshiribom“oder der Tango „Those were the days“. Humorvolle Lieder wie das Lied vom Moskauer Pferd, zu dem der Geiger mitwiehert­e, wechselten mit traurigen wie die „Papirosn“. Gerne ließen sich die Zuhörer zum Mitsingen bewegen bei den Refrains der bekannten jiddischen Lidele „Donaj, Donaj“und „Tumbalalai­ka“. Was bei keinem Klezmerabe­nd fehlen dürfe, sei der gemeinsame Tanz, so bildete sich zuletzt ein großer Kreis entlang der Wände und sang munter das hebräische Volkslied „Hava nagila“.

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FOTO: HELMUT VOITH Gefühlvoll­en Klezmer bringt die Gruppe KlezBanda ins Augustinum Meersburg (von links): Eduard Scharlak, Jossif Gofenberg, Anna Metaxa und Stanislav Tim.

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