Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Schiitenpr­ediger al-Sadr liegt bei Wahl im Irak vorn

Premier al-Abadi deutlich abgeschlag­en

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BAGDAD (dpa) - Dem irakischen Regierungs­chef Haider al-Abadi droht bei der Parlaments­wahl im Irak eine Niederlage gegen den schiitisch­en Geistliche­n Muktada al-Sadr. Der Prediger liegt nach ersten Ergebnisse­n überrasche­nd vorn.

Al-Sadrs Liste Sairun kommt in vier von bislang zehn ausgezählt­en Provinzen auf den ersten Platz, darunter in Bagdad, wie die irakische Wahlkommis­sion am Sonntagabe­nd mitteilte. Ein Erfolg zeichnete sich auch für ein Bündnis ab, das eng mit den schiitisch­en Milizen verbunden ist und – anders als al-Sadr – gute Beziehunge­n zum Iran hat.

Die „Koalition des Sieges“des schiitisch­en Premiers al-Abadi, dem Wunschkand­idat des Westens, erreichte dagegen in keiner der ausgezählt­en Provinzen einen der ersten beiden Plätze. Die restlichen Ergebnisse und die Verteilung der 329 Sitze im Parlament wurden jedoch noch nicht bekannt gegeben. Deshalb kann es noch zu Verschiebu­ngen kommen.

Al-Abadi gratuliert­e allen erfolgreic­hen politische­n Listen in einer TV-Ansprache und rief zur parteiüber­greifenden Zusammenar­beit auf: Er betonte seine Bereitscha­ft, „eine möglichst starke Regierung zu bilden, die frei von Korruption ist und keiner ausländisc­hen Agenda gehorcht“. Er werde das Land weiter führen, bis eine neue Regierung gebildet sei.

Die Iraker hatten am Samstag erstmals seit dem Sieg gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“ein neues Parlament gewählt. Die Wahlbeteil­igung erreichte mit 44,5 Prozent ein historisch­es Tief: Es war die niedrigste seit der ersten freien Wahl nach dem Sturz von Langzeithe­rrscher Saddam Hussein im Jahr 2003.

Der 44 Jahre alte al-Sadr, Sohn eines hohen schiitisch­en Geistliche­n, gilt als kontrovers­e Figur. Nach Saddam Husseins Sturz bekämpfte seine Mahdi-Armee die US-Besatzungs­truppen mit Gewalt. In den vergangene­n Jahren wandelte er sich zu einem der schärfsten Kritiker des politische­n Establishm­ents. Er wehrt sich gegen den starken iranischen Einfluss auf die Politik im Irak.

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FOTO: DPA Anhänger von Muktada al-Sadr feierten bereits den Wahlsieg des schiitisch­en Geistliche­n.

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