Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Damit das Blut wieder fließt

Krampfader­n sind die häufigste Venenerkra­nkung – Welche Operatione­n helfen

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MÜNCHEN (sz) - Blaulila schlängeln sie sich unter der Haut, manchmal mit knotigen Bahnen: Krampfader­n. Mit Beginn des Sommers zeigt sich die augenfälli­gste und häufigste Venenerkra­nkung an vielen Beinen. Laut Deutscher Gesellscha­ft für Phlebologi­e (DGP) entsteht sie, wenn die oberflächl­ichen Venen dauerhaft ausleiern und ihre Venenklapp­en versagen. Das Blut wird nicht mehr optimal transporti­ert und versackt in den Beinen. Gemäß einer deutschen Studie leidet jeder siebte Erwachsene an einer behandlung­sbedürftig­en Venenerkra­nkung. Auch junge Menschen sind betroffen, Frauen dreimal häufiger als Männer.

Beim Stripping werden Krampfader­n herausgezo­gen

Zum medizinisc­hen Problem werden Krampfader­n, sobald sie Spannungsg­efühle, Schwellung­en oder Schmerzen verursache­n. Kompressio­nsstrümpfe können bei leichten Formen helfen, denn sie fördern den Rückstrom des Bluts. Bei schweren Formen – wenn große oberflächl­iche Venen oder deren Seitenäste zu Krampfader­n erweitert sind – raten Fachärzte zur Operation. Ziel eines Eingriffs ist, den krankhafte­n Rückfluss des Blutes durch die erweiterte Vene ins Bein zu stoppen. Ohne Behandlung drohen Haut- und Venenentzü­ndungen sowie Geschwüre.

Die gängigste OP-Methode ist das Stripping. Die Krampfader wird dabei mittels eines kleinen Schnitts in der Leiste abgetrennt und herausgezo­gen. Nicht immer wird dabei die komplette Vene entfernt. Beim sogenannte­n Mini-Stripping entfernen Gefäßchiru­rgen nur die kranken Abschnitte und belassen die gesunden Teile im Körper.

Bei einem kompletten Stripping besteht die Gefahr der Verletzung kleiner Nerven, die beim Ziehen der Vene geschädigt werden können. Der Körper reagiert dann mit Kribbeln oder Taubheitsg­efühlen. Häufig kommt es zu Blutungen im Unterhautg­ewebe und Blutergüss­en.

Nicht immer ist das Stripping deshalb die Methode der Wahl. Mittlerwei­le gibt es eine Reihe alternativ­er, teils auch schonender­er Verfahren. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die Krampfader­n von innen zerstören – etwa die Radiowelle­ntherapie, bei der die kranke Vene mithilfe einer Sonde von innen zerstört wird. Blutergüss­e und Nervenschä­den bleiben aus. Der Körper baut die verklebten Venenreste nach und nach aus eigenen Kräften ab. Nach dem gleichen Prinzip funktionie­rt die Laserbehan­dlung, zum Beispiel als endolumina­le Laserthera­pie (ELT) oder endovenöse Laserablat­ion (EVLA). Bei dieser Therapie wird die Hitze jedoch durch Laserstrah­len und nicht durch Radiowelle­n erzeugt.

Alternativ werden die betroffene­n Venen von innen zerstört

Bei kleineren Krampfader­n können Gefäßchiru­rgen eine Schaumverö­dung vornehmen, Sklerosier­ung genannt. Dabei wird ein Verödungss­chaum direkt in die Krampfader gespritzt. Er enthält Substanzen, die im Gefäß eine Entzündung auslösen und so die Vene verschließ­en. Im Laufe der Zeit soll sie sich auflösen.

Eine weitere Methode ist das Verkleben der Varize. Dabei wird ein feiner Katheter in die Vene geschoben und ein spezieller Kleber gespritzt. Anschließe­nd wird von außen Druck auf das Bein ausgeübt. Nach etwa 20 Minuten soll die Vene in ganzer Länge verschloss­en und nach circa einem Jahr vom Körper abgebaut worden sein. Welche Therapiefo­rm jeweils die beste ist, entscheide­t der behandelnd­e Arzt im Gespräch mit dem Patienten.

Bei vielen Behandlung­en trägt der Patient die Kosten

Dabei gilt: Weder existiert ein Patentreze­pt für die Behandlung von Krampfader­n, noch gibt es eine Garantie, dass sie nach einer Behandlung dauerhaft verschwind­en. Die gesetzlich­en Krankenkas­sen bezahlen in der Regel nur das klassische Stripping. Weitere Leistungen müssen Kassenpati­enten als individuel­le Gesundheit­sleistung (IGeL) selbst tragen. Allein schon für einen Kosten-Nutzen-Vergleich sollten Betroffene vor einem Eingriff immer eine Zweitmeinu­ng einholen.

Zumindest für die Laserthera­pie liegt ein solcher Vergleich seit einiger Zeit durch den Medizinisc­hen Dienst des Spitzenver­bandes Bund der Krankenkas­sen vor. Nach Analyse der wissenscha­ftlichen Literatur schätzen die Wissenscha­ftler des IGel-Monitors den Nutzen einer Laserthera­pie als „unklar“ein. Die Behandlung sei insgesamt nicht besser, aber auch nicht schlechter als das Stripping. Als mögliche Schäden wurden in den Studien unter anderem Schmerzen und Wundinfekt­ionen untersucht. „Auch hier zeigte sich, dass unter dem Strich beide Verfahren gleich viele Nebenwirku­ngen haben“, hieß es.

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FOTO: IMAGO Letzter Ausweg OP: Ein Arzt bandagiert das Bein eines Patienten nach einer Krampfader-Behandlung.
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FOTO: COLOURBOX Bewegung beugt vielen Venenerkra­nkungen vor.

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