Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Maximal unsensibel

- Von Filippo Cataldo

Nationalsp­ieler sind keine Staatsbedi­enstete in kurzen Hosen. Sie müssen weder einen Diensteid leisten noch kann man ihnen vorschreib­en, welche Politiker sie unterstütz­en dürfen – oder eben nicht. Ob ein Spieler die Hymne mitsingt, entscheide­t ebenso wenig darüber, ob er der Nationalma­nnschaft angehören darf, wie die Klugheit seiner öffentlich­en Äußerungen. Der Auswahl des DFB gehören einfach die besten deutschen Spieler an – oder die, die Joachim Löw dafür hält.

Mesut Özil und Ilkay Gündogan sind Nationalsp­ieler und sie sind deutsche und türkische Staatsbürg­er, so wie Miroslav Klose und Lukas Podolski beispielsw­eise auch Polen sind. Sie dürfen in zwei Ländern wählen, sie haben zwei Staatsober­häupter. Da irrt der schwäbisch­e Grüne Cem Özdemir, der es eigentlich besser wissen sollte. Die Forderung von Rechtsauße­n, Özil und Gündogan aus der Nationalma­nnschaft auszuschli­eßen, ist ebenso irrlichter­nd wie die politische Meinung der beiden Mittelfeld­spieler.

Der DFB und seine Nationalma­nnschaft stehen für ein buntes, offenes und demokratis­ches Deutschlan­d. Demokratie muss auch Dummheit aushalten.

Und doch haben Özil und Gündogan sich selbst – und allen anderen eigentlich bestens integriert­en Doppelstaa­tsbürgern in Deutschlan­d – einen Bärendiens­t erwiesen mit ihrer maximal unsensible­n Wahlkampfh­ilfe für Erdogan. Am Tag vor der WM-Nominierun­g kocht nun eine Integratio­nsdebatte wieder hoch, die die Nationalma­nnschaft eigentlich seit Jahren als unnötig demaskiert.

f.cataldo@schwaebisc­he.de

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