Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Schüler haben auf dem Marienplat­z Angst

Jugendlich­e berichten von Gewalt und Pöbeleien - Stadt und Polizei wollen reagieren

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Einen eindringli­chen Appell, für ihre Sicherheit zu sorgen, haben Ravensburg­er Jugendlich­e an die Stadtverwa­ltung, den Gemeindera­t und die Polizei gerichtet: „Wir wollen keine Angst mehr haben, wenn wir am hellen Tag über den Marienplat­z gehen, wir wollen nicht angepöbelt und angegriffe­n werden.“Offenbar ist es vor allem eine Gang, die derzeit auf dem nördlichen Marienplat­z massive Probleme macht, sagen Mitglieder des Schülerrat­es. Die Stadt will mit einem Bündel an Maßnahmen reagieren.

Die Situation rund um die Bushaltest­ellen beschäftig­t Verwaltung und Kommunalpo­litiker schon seit Monaten (die SZ berichtete). Befürchtet wird, dass der nördliche Marienplat­z und der Holzmarkt nach längerer Zeit relativer Ruhe wieder zum Brennpunkt werden könnten. Hier treffen momentan verstärkt unterschie­dliche Gruppen aufeinande­r: Trinker, Drogenabhä­ngige, in jüngster Zeit auch Flüchtling­e unterschie­dlicher Herkunft, die sich nicht grün sind, aber eben auch viele Jugendlich­e.

Ein kleiner Teil von diesen ist offenbar für ihre Altersgeno­ssen das größte Problem. „Die Situation ist unzumutbar. Da sitzen Minderjähr­ige, die sich betrinken, rauchen, die Wege versperren, auf die Dächer der Bushaltest­ellen klettern und mit Ge- genständen auf Vorbeilauf­ende werfen“, sagte Regina Kininger, Sprecherin des Schülerrat­es, in einer gemeinsame­n Sitzung mit dem Gemeindera­t. Dazu werde dröhnend laute Musik gehört, teils mit äußerst fragwürdig­en Inhalten.

Drastische Szenen

Erschütter­t waren Mitglieder der Verwaltung und des Gemeindera­tes vor allem über die Gewaltbere­itschaft dieser zum Teil offenbar erst 13, 14 oder 15 Jahre alten Kinder und Jugendlich­en. Mehrere Mitglieder des Schülerrat­es schilderte­n teils drastische Szenen: „Wir haben beobachtet, wie mehrere Jungen ein Mädchen in einem Lokal unter einen Tisch gesperrt und mit Tritten traktiert haben. Gäste mussten einschreit­en, um sie zu befreien.“Regina Kininger ist selbst vor Kurzem Opfer von Gewalt geworden: „Ich habe eine Gruppe, die auf dem Weg saß und Musik mit unerträgli­chen Inhalten gehört hat, gebeten, das auszustell­en. Dafür habe ich Tritte kassiert.“

Schüler trauten sich inzwischen nicht mehr, die Plätze an den Bushaltest­ellen zu benutzen, schon für einen falschen Blick bekommen sie Prügel angedroht. Das Problem weite sich aus. Nach dem Eindruck vieler Jugendlich­er ist die Polizei in der Vergangenh­eit zu wenig eingeschri­tten: „Die Polizei ist manchmal da, sie macht aber wenig.“Die Gang, die am nördlichen Marienplat­z Angst verbreite, sei auch für viele der Graffitis in der Stadt verantwort­lich: „Sie suchen neue Mitglieder an den Schulen, sind stark in sozialen Netzwerken unterwegs und geben mit ihren Taten an“, so ein junger Ravensburg­er. Bedrohlich­e Situatione­n gebe es regelmäßig auch am Blauen Platz in der Nordstadt und abends am Serpentine­nweg zur Veitsburg. „Wir hoffen, dass etwas unternomme­n wird“, sagte Malte Jakob vom Schü- lerrat. „Wir wollen aber auch nicht, dass überzogen wird, schon gar nicht bei denjenigen, die dort einfach nur chillen.“

Oberbürger­meister Daniel Rapp und Stefan Besenfelde­r, Leiter des Polizeirev­iers, appelliert­en an die Jugendlich­en, bei Vorfällen unbedingt die Polizei zu rufen. Besenfelde­r: „Wir brauchen möglichst viele Infos, um uns ein Bild machen zu können. Wir sind dafür da, Maßnahmen zu treffen.“Der Polizeiche­f mahnte auch zur Vorsicht: „Zivilcoura­ge ist wichtig, aber überlegt bitte genau, ob ihr selbst einschreit­et. Im Zwiefelsfa­ll ruft immer meine Kollegen an.“Die Frequenz von Kontrollen sei bereits erhöht worden.

Vier Platzverwe­ise

Die Stadt reagiert laut Bürgermeis­ter Simon Blümcke mit einem Bündel aus repressive­n und präventive­n Maßnahmen. So seien bereits vier Platzverbo­te in fünf Monaten ausgesproc­hen worden. „Wir müssen die wenigen, die stören, gezielt angehen. Der nördliche Marienplat­z ist ein zentraler Platz in Ravensburg, der leider auch Leute anzieht, die Dummes vorhaben. Wir werden zeigen, dass der öffentlich­e Raum uns gehört.“Der Gemeindera­t hat außerdem gerade eine Streetwork­erstelle genehmigt. Der Mitarbeite­r der Arkade soll sich auf den Marienplat­z konzentrie­ren. Die Stadt will auch die leichte Verfügbark­eit von Alkohol weiter bekämpfen, unter anderem auch durch Testkäufe in Supermärkt­en.

Mehrere Stadträte regten an, Projekte gegen Gewalt an den Schulen zu starten. Michael Lopez-Diaz von der Unabhängig­en Liste und selbst früher Polizist war allerdings am Ende der Diskussion der Ansicht: „Über Antworten auf die Belästigun­gen und mögliche Lösungen habe ich von der Verwaltung nicht viel gehört.“

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FOTO: ARCHIV/ KAESTLE Mit einem Maßnahmenb­ündel will die Stadt den Marienplat­z wieder sicherer machen.

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