Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Leben ohne Musik ist für die Artists in Residence undenkbar

Pianist Dmitry Masleev und der Komponist und DJ Gabriel Prokofiev sprechen über ihren Beruf und die musikalisc­he Berufung

- Von Christel Voith

MEERSBURG - Vor dem Klavierkon­zert von Dmitry Masleev im Spiegelsaa­l des Neuen Schlosses in Meersburg hat das Bodenseefe­stival am Sonntagnac­hmittag zum Künstlerun­d Komponiste­ngespräch mit den beiden Artists in Residence eingeladen – es war das einzige Mal, dass der Pianist Dmitry Masleev und der Komponist und DJ Gabriel Prokofiev während des Festivals gemeinsam zu erleben waren. Das Gespräch mit den beiden Künstlern führte Musikjourn­alistin Julia Hellmig. Ein Leben ohne Musik halten beide für unmöglich, ja undenkbar, doch beide sind unterschie­dliche Wege gegangen.

Sieben Jahre hat Dmitry Masleev als Kind schon Klavier gespielt, bis er realisiert hat, dass das sein Leben sei. Heute sei ihm das Klavierspi­elen in Fleisch und Blut übergegang­en.

Das Beste am Leben eines Musikers? Die besten Momente seien nicht das Spielen vor Publikum: „Ich liebe es, zu Hause allein zu sein mit meinem Instrument, neue Stücke zu erarbeiten oder in alten Stücken Neues zu entdecken.“

Musik bietet Freiräume, darin aufzugehen

Seine Vorbilder? Grundsätzl­ich liebe er alle Arten russischer Musik, seine Heimat ist in Ulan-Ude, einer sibirische­n Stadt zwischen Baikal-See und mongolisch­er Grenze. Besonders liebt er Musik wie die zweite Sonate von Prokofjew, die er am Abend gespielt hat, weil sie ihm Freiräume lässt für eigene Ideen, Freiräume, um darin aufzugehen. Von seinem Professor am Moskauer Konservato­rium Mikhail Petukhov (mit dem er am 9. Mai in Ravensburg konzertier­t hat) habe er selbststän­diges Arbeiten ohne „Coaching“gelernt. Eine Uraufführu­ng habe er noch nicht gespielt – Grund für Gabriel Prokofiev, für ihn ein Stück zu schreiben.

Großvater Sergej Prokofjew sei ihm Vorbild gewesen, seine unbedingte Hingabe an die Musik, seine Disziplin im Arbeiten bewundert der Enkel bis heute. Auch seine Eltern sind Künstler, bildende Künstler: „Das Leben als Künstler war für mich die natürlichs­te Sache der Welt.“

Der Vater war Russe, die Mutter Engländeri­n, so fühlt sich Prokofiev einerseits als Londoner – dort ist er geboren, dort lebt er –, anderersei­ts fühlt er sich besonders zur russischen Musik hingezogen: „Die Musik ist meine stärkste Verbindung zur russischen Kultur.“

In erster Linie sei er Komponist: „Es ist das Schönste, wenn Musik beginnt zu leben, es ist aufregend, wenn aus dem Nichts etwas entsteht, wenn man eine neue Idee kreiert.“Er mache viele Skizzen und verwerte dann die besten, füge sie eventuell zusammen. Wenn gerade kein Computer zur Verfügung steht, singe er seine Idee auch mal ins Handy und mache Notizen dazu. Warum er dann auch DJ geworden ist? Das habe begonnen, als er klassische Musik mehr unter die Leute bringen wollte – warum nicht in Nightclubs und Bars? Dazu aber brauchte er einen DJ. Da er aber für klassische Musik keinen fand, sei er selbst eingestieg­en, um bestimmte musikalisc­he Experiment­e zu machen.

Sein Rat zum Einstieg in die klassische Musik? „Das darf anfangs nicht zu lang und nicht zu schwierig sein. Es sollte ein Mix aus alter und neuer Musik sein, um herauszufi­nden, wozu man neigt. Auf alle Fälle sollte man dabei entspannt sein und möglichst ein paar Freunde mitnehmen, mit denen man sich austausche­n kann.

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FOTO: HELMUT VOITH Julia Hellmig im Gespräch mit den Artists in Residence des Bodenseefe­stivals Dmitry Masleev (links) und Gabriel Prokofiev.

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