Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Tür an Tür mit dem Glücksspie­l

Anwohner ärgert sich über zwei Wettbüros nebeneinan­der – Für Spielothek­en gelten strengere Auflagen

- Von Nadine Sapotnik

Anwohner ärgert sich über zwei Wettbüros in seiner direkten Nachbarsch­aft.

FRIEDRICHS­HAFEN - Walter Kill ärgert sich: Vor wenigen Wochen haben in den beiden Ladenlokal­en unterhalb seiner Wohnung zwei Wettbüros nebeneinan­der eröffnet. Die Stadt sieht darin kein Problem, auch die Betreiber der Wettbüros sind zufrieden mit dem Standort – auch wenn sie nicht wussten, dass die Konkurrenz der direkte Nachbar ist.

Seit 1996 lebt Kill in seiner Eigentumsw­ohnung an der Aistegstra­ße. Seit einigen Wochen wohnt er über zwei Sportwettb­üros. „Vor der Haustür stehen ständig Menschen, bis in die Abendstund­en und auch Kippen liegen vor der Tür“, sagt er. Bevor die beiden Wettstätte­n dort vor einigen Wochen eingezogen sind, war die gesamte Fläche ein Motorradla­den. „Ich verstehe nicht, wieso die Stadt dort gleich zwei Wettbüros genehmigt hat. Schließlic­h sind im Umfeld drei Kindertage­sstätten“, sagt Kill.

Die Stadt Friedrichs­hafen kann daran nichts ändern. Denn für diese Gewerbe gibt es keine gewerberec­htliche Zuständigk­eit der Stadt. Die Stadt kann Auflagen lediglich im Rahmen baurechtli­cher Gesichts- punkte erteilen. „Die Auflagen für Genehmigun­gen sind jeweils vom Einzelfall abhängig. Pauschale Auflagen für Wettbüros gibt es nicht“, teilt eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage der Schwäbisch­en Zeitung mit.

Zuständig für die Wettbüros in Baden-Württember­g ist das Regierungs­präsidium in Karlsruhe. Die Mitarbeite­r dort registrier­en die Wettstätte­n im Land. Demnach gibt es im gesamten Land 772 Wettvermit­tlungsstel­len. Davon sind neun Wettbüros im Bodenseekr­eis, sieben von ihnen in Friedrichs­hafen. Grundsätzl­ich sehen die Regeln des sogenannte­n Glückspiel­staatsvert­rages vor – den alle Bundesländ­er in Landesrech­t umgesetzt haben – dass kein Wettbüro in einem Gebäudekom­plex mit einer Spielhalle eröffnet werden darf. Das teilt das Regierungs­präsidium Karlsruhe auf Nachfrage mit. Für zwei Wettbüros in einem Gebäudekom­plex gibt es keine Regelung.

Generell sind die Auflagen, um eine Spielothek zu eröffnen, strenger und genauer festgelegt. Diese Auflagen sehen im Vergleich zu Wettbüros vor, dass die Gewerbebeh­örden im jeweiligen Kreis die Genehmigun­g für die Eröffnung erteilen müssen. Außerdem ist im Landesglüc­ksspielges­etz geregelt, dass zwei Spielothek­en nur in einem Mindestabs­tand von 500 Metern errichtet werden dürfen. Ein ebenso großer Abstand muss auch zu Kindertage­sstätten und Schulen eingehalte­n werden. Diese Regelungen gelten aber ausschließ­lich für Spielothek­en und nicht für Wettbüros.

Ein Umstand, den die Mitglieder der SPD im Landtag ändern möchten. Im März sprach sich die Partei für eine Regelung aus, die der der Spielothek­en nahe kommt. Auch der SPD-Fraktionsv­orsitzende für Friedrichs­hafen, Dieter Stauber, teilt diese Auffassung. „Aus Gründen der Prävention und der Lebensqual­ität in unserer Stadt und des Stadtbilde­s sehe ich Wettbüros – wie Glücksspie­lBetriebe – als schädlich und verzichtba­r an“, teilt er der Schwäbisch­en Zeitung auf Nachfrage mit. In der SPD-Fraktion in Friedrichs­hafen sei im Gegensatz zur Landtagsfr­aktion bisher keine Initiative zu der The- matik geplant. „Das Thema sollte sinnvoller­weise landesweit einheitlic­h geregelt werden“, so Stauber.

Zufrieden mit dem Standort ihrer beiden Wettbüros an der Aistegstra­ße sind Rafael Sohm, Betreiber von XTip, und Koral Calisir, Betreiber von Tiptorro. „Es ist Zufall, dass an der Stelle zwei Wettbüros fast zur gleichen Zeit eröffnet haben. Ich war schon länger auf der Suche nach einem passenden Ladenlokal in Friedrichs­hafen“, sagt Rafael Sohm. Die Lage an der Aistegstra­ße sei für dieses Gewerbe wirklich gut. „Das Ladenlokal liegt an einer Einfahrtst­raße von Friedrichs­hafen, aus Richtung Ravensburg und Tettnang kommen viele vorbei“, sagt er. Dieser Meinung ist auch Calisir. „Ich bin zufrieden mit dem Geschäft. Wir haben schon einige Stammkunde­n“, sagt er. Calisir sei auch schon ins Gespräch mit einigen Nachbarn gekommen. „Ich weiß, dass die Branche ein schludrige­s Image hat, aber bei uns läuft alles ganz ruhig ab“, sagt er. Und das sei ihm wichtig auch den Anwohnern zu vermitteln.

Kill bleibt ein wenig skeptisch. „Eine Bäckerei an dieser Stelle wäre mir lieber gewesen“, sagt er.

 ??  ?? SAPO
SAPO
 ?? FOTO: NADINE SAPOTNIK ?? An der Aistegstra­ße gibt es seit einigen Wochen gleich zwei Wettbüros nebeneinan­der.
FOTO: NADINE SAPOTNIK An der Aistegstra­ße gibt es seit einigen Wochen gleich zwei Wettbüros nebeneinan­der.

Newspapers in German

Newspapers from Germany