Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Das Dieselprob­lem wird nur verlagert

- Von Hannes Koch politik@ schwaebisc­he. de

Der Druck steigt und kann nicht entweichen. Dafür sorgt die Entscheidu­ng der EU-Kommission, Deutschlan­d und einige weitere Staaten vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f zu verklagen – wegen zu schlechter Luftqualit­ät, verursacht vor allem durch Dieselfahr­zeuge. Trotzdem wird hierzuland­e wohl kaum mehr als bisher geschehen, um das Problem zu lösen.

Dabei ist es mit ein bisschen politische­r Fantasie nicht schwer, eine Lösung zu skizzieren. Die Bundesregi­erung könnte Druck auf die Autoherste­ller VW, Daimler und BMW ausüben, damit diese nachträgli­ch größere Adblue-Tanks und Katalysato­ren in die bereits verkauften Diesel-Pkw einbauen. Dadurch sinkt deren Schadstoff­ausstoß. Der Bund übernimmt 45 Prozent der Reparaturk­osten mittels eines Zuschusses, die Wirtschaft ebenfalls. Zehn Prozent tragen die Autofahrer, die dann jeweils nur mit wenigen hundert Euro belastet würden. Diese Finanzieru­ng wäre für alle tragbar. Die Hersteller müssten wahrschein­lich rund zwei Milliarden Euro übernehmen.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) und viele SPD-Politiker lehnen das jedoch ab, weil sie der Industrie und den Autofahrer­n die Kosten ersparen wollen. Da können Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD), der Städtetag, Bürgermeis­ter und Umweltverb­ände noch so laut protestier­en – sie haben nicht die Macht. Die EU-Kommission und der Gerichtsho­f auch nicht. Nun nimmt eben ein jahrelange­s, unerfreuli­ches juristisch­es Verfahren seinen Lauf.

Was außerdem passiert, sind weitere hilflose Versuche, das Grundprobl­em zu verschiebe­n, zu verschleie­rn, kleinzured­en. Beispiel Hamburg: Dort werden demnächst wohl einige Durchgangs­straßen teilweise für Dieselfahr­zeuge bis EuroNorm 5 gesperrt. Das verbessert die Luftqualit­ät und Situation vieler Anwohner. Gleichzeit­ig stellt die Stadt aber Umleitungs­schilder auf. Der Verkehr und die Abgase verlagern sich in die Nachbarstr­aßen. Das ist keine Lösung, die eines funktionie­renden Staates würdig wäre, sondern einfach nur schlechtes Regieren.

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