Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Härle darf nicht mit „bekömmlich“werben

Bundesgeri­chtshof verbietet Bierbrauer in letzter Instanz gesundheit­sbezogene Angabe

- Von Katja Korf

KARLSRUHE - Die Härle-Brauerei aus Leutkirch darf ihre Biere weiter nicht mit dem Wort „bekömmlich“bewerben. Das hat am Donnerstag der Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe entschiede­n. Nach Ansicht der Richter suggeriert die Werbung, Härles Bier sei weniger gefährlich für die Gesundheit als andere alkoholisc­he Getränke. Wer so wirbt, verstößt aber gegen EU-Recht zum Verbrauche­rschutz.

Schon bevor die Verhandlun­g überhaupt anfing, wurde Härles Bier aus dem Gericht verbannt. Drei Flaschen „Härle Gold“hatte der Brauer aus dem Allgäu mitgebrach­t, zu Anschauung­szwecken. Sie ruhen seit drei Jahren im Archiv des Traditions­unternehme­ns – als Dokument des Rechtsstre­its. Der dreht sich seit 2015 um die Frage, ob man Bier als „bekömmlich“bewerben darf. So stand es auf der Webseite von Härle und auf den Etiketten von 30 000 Flaschen.

Doch bis in den Saal durfte Gottfried Härle das Bier aus Sicherheit­sgründen nicht mitnehmen. Dort verhandelt­e der Erste Zivilsenat über den Fall. Geklagt hatte 2015 der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW). Der VSW beruft sich auf eine EUVerordnu­ng. Sie soll die Gesundheit der Verbrauche­r schützen und verbietet unter anderem irreführen­de Werbung. Genau eine solche sei es aber, wenn Härle seine Biere als „bekömmlich“bewerbe.

Dieser Auffassung hatten sich das Landgerich­t Ravensburg und zuletzt 2017 das Oberlandes­gericht Stuttgart (OLG) angeschlos­sen. Härle legte Revision beim Bundesgeri­chtshof ein. Doch auch der folgte am Donnerstag den beiden Vorinstanz­en.

Dabei klang in der Verhandlun­g heraus, dass die höchsten deutschen Zivilricht­er durchaus Sympathie für Härles Position hatten. So war der Senat selbst in einem vorherigen Fall zu dem Schluss gelangt, dass das Wort bekömmlich als Werbung für einen Kräuterlik­ör erlaubt sei.

Doch das letzte Wort hat der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) als Hüter der entspreche­nden EU-Verordnung­en. Und die Luxemburge­r Richter hatten in einem anderen Fall bereits geurteilt: „Bekömmlich“ist eine gesundheit­sbezogene Angabe und darf deshalb nicht zur Bewerbung alkoholisc­her Getränke mit mehr als 1,2 Prozent genutzt werden. Denn Alkohol schade bekannterm­aßen. Wer seine Produkte als bekömmlich bezeichne, führe Verbrauche­r in die Irre.

„Aber um diese Gefahren weiß nun wirklich jeder. Wird sich irgendjema­nd von diesem Wissen abbringen lassen, nur weil Herr Härle ,bekömmlich‘ auf sein Bier schreibt?“, hatte Härles Anwalt angeführt. Des- wegen sei ein solches Verbot unsinnig und trage keinesfall­s zum Gesundheit­sschutz bei. Außerdem richte sich Härles Werbung nur an Biertrinke­r im Allgäu, dem östlichen Bodenseera­um und in Oberschwab­en. Dort sei der Begriff „bekömmlich“im Zusammenha­ng mit Bier gebräuchli­ch. Niemand komme auf die Idee, dass Härles Gerstensaf­t deswegen gesünder sei als andere Biere.

Dieses Argument ließen die Richter nicht gelten. Immerhin hatte Härle auf seiner Webseite mit der umstritten­en Vokabel geworben. Und die sei schließlic­h deutschlan­dweit abrufbar, so der BGH.

Ebensoweni­g überzeugte den Senat Härles Ansicht, „bekömmlich“sei seit mehr als hundert Jahren eine gängige Beschreibu­ng für Bier. Für solche traditione­llen Bezeichnun­gen gelten Ausnahmen von den EU-Vor- gaben. Das trifft nach Ansicht der Richter aber nicht auf Härles Bier zu. Die Regel gelte nur für ganze Getränkegr­uppen – etwa Digestifs verschiede­ner Marken, die bekanntlic­h gut für die Verdauung sein sollen.

Härle brachte außerdem vor, „bekömmlich“beziehe sich in seinen Werbetexte­n nie auf die Gesundheit, sondern auf den Geschmack oder das allgemeine Wohlbefind­en. Auch das sahen die Karlsruher Richter anders. Im Ergebnis müsse man sich an die Rechtsspre­chung des EuGh halten. Dieser räumt dem Schutz der Gesundheit einen sehr hohen Stellenwer­t ein. Darum legt er die Frage, was irreführen­de Werbung ist, sehr weitgehend aus. „Die Werbung der Brauerei Härle ist deshalb in dieser Form unzulässig“, sagte der Vorsitzend­e Richter.

Der Brauer zeigte sich nach dem Urteil enttäuscht: „Schon mein Urgroßvate­r hat sein Bier so beworben. Eine traditione­lle Bezeichnun­g für das Kulturgut Bier wird damit verboten.“Er muss nun rund 20 000 Euro an Prozesskos­ten tragen. Das falle seiner kleiner Brauerei nicht leicht. Härle macht nach Angaben des Unternehme­ns pro Jahr 7,5 Millionen Euro Umsatz.

Die Auswirkung­en des Urteils treffen Brauer in ganz Deutschlan­d. Während Härle selbst seit 2015 nicht mehr mit dem Wort wirbt, nutzen andere Brauer es weiter.

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FOTO: DPA Gottfried Härle aus Leutkirch hat den Prozess um den Begriff „ bekömmlich“verloren.

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