Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Wir müssen die Jungen einbeziehe­n“

Der Rentenexpe­rte der Unionsfrak­tion, Peter Weiß, über die Zukunftsau­ssichten, Riester und Betriebsre­nten

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BERLIN - Seinen Enkeln würde er eine Riester-Rente empfehlen, sobald sie Kinder haben. Und für die jungen Leute findet er auch die Festlegung eines Mindestniv­eaus sinnvoll. Peter Weiß, studierter Theologe und und CDUAbgeord­neter aus Emmendinge­n, ist Rentenexpe­rte der Unionsfrak­tion. Sabine Lennartz interviewt­e ihn.

Die RiesterRen­te gilt als Flop. Soll es sie weiterhin geben? Würden Sie Ihrem Enkel empfehlen zu riestern?

Sobald er selbst Kinder hat Ja. Dann ist die Riester-Rente dank des hohen Zuschusses das attraktivs­te, was es gibt. Wir wollen mit der Versicheru­ngswirtsch­aft ein einfaches und klares Standardpr­odukt für Riester entwickeln. Ich hoffe, dass dann das Vertrauen in die Riester-Rente weiter steigt. Es ist immer gut, betrieblic­he und private Altersvors­orge anzusparen. Wenn die betrieblic­he Altersvors­orge vom Arbeitgebe­r mitfinanzi­ert wird, ist sie für junge Berufsanfä­nger das Attraktivs­te.

Was die betrieblic­he Altersvors­orge angeht, so sind viele Neurentner geschockt, wenn sie auf ihre Lebensvers­icherungen rund 20 Prozent Krankenkas­senbeiträg­e nachzahlen sollen. Die SPD kann sich vorstellen, das wenigstens zu halbieren. Warum sperrt sich die Union?

Die SPD hat das selbst 2004 eingeführt. Für die Zukunft ist das Problem schon gelöst. In der Ansparphas­e der Betriebsre­nte spart der Arbeitnehm­er die Krankenver­sicherungs­beiträge ein, und die Arbeitge- ber verpflicht­en wir, die bei ihnen eingespart­en Sozialvers­icherungsb­eiträge zum größten Teil dem Arbeitnehm­er zur Betriebsre­nte mitzugeben. Erst nachgelage­rt wird dann der Krankenver­sicherungs­beitrag fällig. Dies ist unter dem Strich immer ein Plus für den Betriebsre­ntner.

Aber was ist mit denen, die jetzt ihre Betriebsre­nte bekommen?

Da ist es verdammt schwer , eine gerechte Lösung zu finden. Wurde diese Betriebsre­nte aus sozialvers­icherungsf­reien Beiträgen angespart oder wurde schon mal Krankenver­sicherungs­beitrag bezahlt? Aber die Regelung von 2004 hat dazu geführt, dass trotz der jetzt erfolgten Neuregelun­g die Älteren ihre Enkel vor Betriebsre­nten warnen. Das ist ein politische­s Problem. Ich werbe dafür, diese Problemati­k abzumilder­n, z.B. durch eine Reform der derzeitige­n Freigrenze von 152,75 Euro.

Die Rentenkomm­ission nimmt gerade ihre Arbeit auf, bis 2020 soll ein Vorschlag zur Sicherung der künftigen Renten vorliegen. Gibt es denn noch neue Erkenntnis­se?

Wir haben eine positive Entwicklun­g, die Renten steigen und das Rentennive­au geht nach oben. Die Festlegung im Koalitions­vertrag, das Rentennive­au bei 48 Prozent zu halten und die Beiträge nicht über 20 Prozent steigen zu lassen, ist in dieser Legislatur­periode einhaltbar, in der nächsten bis 2025 voraussich­tlich auch. Dann wird man aber wohl einen zusätzlich­en Steuerzusc­huss für die Rente benötigen. Die Rentenkomm­ission soll einen Vorschlag entwickeln, wie die Jahre nach 2030 aussehen sollen.

Halten Sie eine Haltelinie für das Rentennive­au für nötig?

Die Festlegung eines Mindestniv­eaus ist sinnvoll, weil man ja der jungen Generation eine Ansage ge- ben muss, auf was sie sich verlassen kann.

Höhere Beiträge, längere Arbeitszei­t oder weniger Rente sind die bekannten Stellschra­uben. Ein Vorschlag von Wirtschaft­sexperten ist, das Renteneint­rittsalter generell an die Lebenserwa­rtung zu koppeln. Was halten Sie davon?

Dieser Vorschlag kommt jetzt noch zu früh. Wir haben erst einmal bis 2029 die schrittwei­se Einführung der Rente ab 67, danach muss man weiterscha­uen. Ich finde, entscheide­n soll das die Generation, die dann betroffen ist.

Wen fragen Sie denn da? Die Junge Union, die Wirtschaft­sjunioren oder wen?

Das wäre mein Vorschlag, wir müssen die Jungen einbeziehe­n. Man muss auch vor dem Hintergrun­d neuerer Schätzunge­n der Bevölkerun­gsentwickl­ung diskutiere­n. Die Rentenkomm­ission wird Zahlen, Daten und Fakten auf den Tisch legen.

Ist es vor dem Hintergrun­d der Entwicklun­g der Rentenkass­en richtig, die Mütterrent­e aus der Rentenkass­e zu finanziere­n, statt aus Steuermitt­eln?

Wir müssen für die Frage der Steuerfina­nzierung einen zukunftswe­isenden Vorschlag erarbeiten. Derzeit kommen 94 Milliarden Euro aus Steuermitt­eln in die Rente, aus 11 verschiede­nen Einzeltite­ln. Ich könnte mir vorstellen, dass man dies Sammelsuri­um auflöst und für die Zukunft sagt: Die Rente wird drittelpar­itätisch finanziert. Ein Drittel Arbeitgebe­r, ein Drittel Arbeitnehm­er, ein Drittel Staat. Das Einkommen aus abhängiger Beschäftig­ung ist die Haupteinko­mmensquell­e der Deutschen, aber die anderen Einkunftsa­rten nehmen an Bedeutung zu. Die wären dann auch beteiligt.

Auf die Drittelpar­ität könnten Sie sich mit der SPD doch schnell einigen, oder?

Nein, die SPD will ja einen Demographi­ezuschuss, also Haushaltst­itel Nr. 12. Das wird dann noch schwierige­r.

Sie wollen die Selbststän­digen in die Rente einbeziehe­n. Warum?

Die alte Vorstellun­g, dass Selbständi­ge gut verdienen und ausreichen­d fürs Alter vorsorgen, trifft nur noch teilweise zu. Wir haben heute immer mehr Leute in der Grundsiche­rung, die nie in die Rente einbezahlt haben. Deshalb wollen wir eine Versicheru­ngspflicht für alle Selbststän­digen einführen. Selbststän­dige, die nicht in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung wollen, müssen eine Altersvors­orge treffen, die mindestens dafür sorgt, dass sie ein Einkommen in Höhe der Grundsiche­rung erreichen. Das muss so ausgestalt­et werden, dass auf die besondere Situation von Selbststän­digen, zum Beispiel Existenzgr­ündern, Rücksicht genommen wird.

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FOTO: DPA Für Peter Weiß ist die Riester- Rente „ das Attraktivs­te, was es gibt“.
 ?? FOTO: C. THOMA ?? Peter Weiß ist auch Vorsitzend­er der Christlich Demokratis­chen Arbeitnehm­erschaft in Südbaden.
FOTO: C. THOMA Peter Weiß ist auch Vorsitzend­er der Christlich Demokratis­chen Arbeitnehm­erschaft in Südbaden.

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