Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Jahr Robert Swan Mueller

- Von Frank Herrmann, Washington

Sieht man es mit den Augen Donald Trumps, dann ist Robert Swan Mueller III ein Werkzeug des „tiefen Staats“, der ihm den Wahlsieg nicht gönnt. Dann setzt eine Seilschaft von FBI-Detektiven, Geheimdien­stlern und sonstigen Bürokraten im Verein mit der Demokratis­chen Partei alles daran, ihn durch eine Intrige aus dem Oval Office zu vertreiben. „Es ist eine Hexenjagd“, wiederholt­e der Präsident neulich bei Fox News.

Als Mueller, ehemals Direktor des FBI, im Mai vor einem Jahr an die Arbeit ging, lautete sein Auftrag, dem Verdacht einer geheimen Kooperatio­n nachzugehe­n. Der hochgeacht­ete Jurist aus New York sollte herausfind­en, ob etwas dran ist an Vermutunge­n, nach denen Trumps Wahlkampft­eam den Kreml eingespann­t hatte, um Munition gegen Hillary Clinton zu sammeln. Immerhin reichten die Belege, um in 22 Fällen Anklage zu erheben beziehungs­weise Schuldbeke­nntnisse zu erzwingen. Fünf Amerikaner, einen Nieder- länder, 13 Russen und drei russische Unternehme­n hatte er bislang im Visier. Doch auf die zentrale Frage gibt es noch immer keine Antwort. Offen bleibt, ob Trump persönlich mit Putin oder dessen Umfeld kungelte. Ob er im Hintergrun­d dirigierte, wenn seine Helfer ihre Fühler nach Russland ausstreckt­en.

Angefangen hat es zu einer Zeit, in der Mueller noch seinen Ruhestand genoss. Unter dem Codenamen „Crossfire Hurricane“, nach einer Liedzeile der Rolling Stones, fasste ein kleiner Kreis von FBI-Agenten zusammen, was im August 2016 mit der Befragung des australisc­hen Botschafte­rs in London begann. Dem hatte ein junger Trump-Berater namens George Papadopoul­os anvertraut, die Russen hätten belastende­s Material über Clinton in der Hand. Veröffentl­icht von der Enthüllung­splattform Wikileaks, waren im Juli des Jahres 2016 vertraulic­he E-Mails aus dem Fundus des Demokratis­chen Nationalko­mitees publik geworden. Später ließen US-Geheimdien­ste wissen, es seien russische Hacker gewesen, die Computer im Hauptquart­ier der Demokraten knackten, um digitale Post zu stehlen. Darauf aufbauend hat Mueller zu untersuche­n, ob Moskau einen Cyber-Krieg führte, um die amerikanis­che Wahl zu beeinfluss­en. Das ist der Kern der Anklage gegen die Russen, die der 73-Jährige erhoben hat.

Bei den Amerikaner­n liegen die Dinge anders. Mueller kann auch in andere Richtungen ermitteln, wenn im Zuge seiner Nachforsch­ungen Hinweise auf Straftaten auftauchen. Trumps Kampagnenm­anager Paul Manafort werden Steuerhint­erziehung und Geldwäsche zur Last gelegt. Gleiches gilt für Rick Gates, Manaforts rechte Hand. Michael Flynn, nach nur 24 Amtstagen geschasste­r Sicherheit­sberater im Weißen Haus, muss sich wegen Falschauss­age verantwort­en. Richard Pinedo, ein Programmie­rer aus Kalifornie­n, eröffnete Bankkonten, um sie dubiosen Kunden im Ausland zu vermitteln.

Was Trump angeht, so scheinen sich die Recherchen indes nicht auf die Russland-Akte zu konzentrie­ren, sondern auf ein anderes eventuelle­s Delikt: Behinderun­g der Justiz.

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