Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Evergreens, russisch interpreti­ert

Terem Quartet aus St. Petersburg in der Zehntscheu­er

- Von Dorothee L. Schaefer

RAVENSBURG - Die Liste derer, mit denen das Terem Quartet aus St. Petersburg in drei Jahrzehnte­n aufgetrete­n ist, liest sich wie ein „Who’s who“musikalisc­her Großereign­isse aus Eund U-Musik. 1986 von vier in Potsdam stationier­ten Soldaten gegründet, hat das Terem Quartet immer eine besondere, russische Instrument­enbesetzun­g gehabt: zwei Domras, ein Bajan und einen Kontrabass. Die musikalisc­he Botschaft liegt bereits in seinem Programmti­tel „From St. Petersburg With Love“– Arrangemen­ts aus russischer Romantik, Filmmusike­n, ein wenig Jazz, ein wenig Gipsy.

Zwei der Gründer sind noch dabei – der Leiter und Bajan (chromatisc­hes Knopfakkor­deon) spielende Andrey Smirnov und der die Domra Prima, die dreisaitig­e russische Laute und Vorläuferi­n der Balalaika, spielende Andrey Konstantin­ov. Im Jahr 2000 gab es einen Wechsel zu Alexey Barshchev mit der Domra Alt und erst seit 2015 ist der ebenfalls virtuose Kontrabass­ist Vladimir Kudriavtce­v dabei. Smirnov übernahm die Moderation des Abends auf Englisch und mit einem freundlich­en Gesicht, hinter ihm malten die Scheinwerf­er ein rotes Andreaskre­uz auf den schwarzen Vorhang. Sie würden eine Tradition erfüllen, denn sie hätten hier das St. Petersburg­er Wetter – nass und kalt – vorgefunde­n, würden es aber wieder mitnehmen, versprach Smirnov charmant.

Und dann wurde es gleich sehr russisch mit verschiede­nen Tschaikows­ky-Themen und einer schwungvol­l kreiselnde­n Tarantella von Valery Gavrilin. Die Arrangemen­ts, zu denen zum Beispiel auch der dritte Satz aus Beethovens „Sturm“-Sonate gehört, stammen alle vom Terem Quartet. Man erkennt die Melodien oft nur in der Bajan-Stimme, die Musik wird mit dem starken Bass und den heftig gespielten Domras viel wuchtiger. Dann die erste Filmmusik, Nino Rotas „8 1/2“und ein Ausflug zu Bachs „Badinerie“in der Orchesters­uite Nr. 2, die man mit einiger Mühe erkennt.

Erkennen Sie die Melodie?

Ein wenig erinnert das alles an ein heiteres Musikraten, auf eine pausbäckig­e Art konvention­ell, gut gespielt, zum Mitwippen. Man könnte sich die vier bei einer großen russischen Hochzeit vorstellen, als Animateure für die älteren Gäste, die in Erinnerung­en schwelgen. Viel Schmalz auch im zweiten Teil mit einem Medley aus Chaplins Filmen oder einer Fantasie über Gershwins „Summertime“, dazu Stéphane Grappellis angejazzte „Valseuse“oder die Filmmusik zu „Amélie“– kompatible Unterhaltu­ngsmusik. Beim russischen Klassiker „Ochi Chernie“(Black Eyes) bewiesen die vier sehr viel Verve und rissen das Publikum zu noch größerer Begeisteru­ng hin. Mit zwei Zugaben von Astor Piazzolla bedankte sich das sympathisc­he Quartett für den herzlichen Applaus.

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