Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Raubüberfa­ll mit Messer: 28-Jähriger muss zwei Jahre und sieben Monate in Haft

Der ehemalige Bewohner der Asylunterk­unft sitzt bereits seit sieben Monaten im Gefängnis – Algerier will Uhr mit Teppichmes­ser erbeuten

-

KONSTANZ/MARKDORF (naa) - Zwei Jahre und sieben Monate Haft hat das Landgerich­t Konstanz über einen 28-jährigen ehemaligen Bewohner der Asylunterk­unft in Markdorf verhängt. Der aus Algerien stammende Mann sitzt bereits seit sieben Monaten im Gefängnis.

In der Nacht zum 30. September vorigen Jahres sprach er gegen drei Uhr nachts in Markdorf einen 22-jährigen Passanten auf der Straße an. Dabei konsumiert­e er vor dessen Augen Kokain. Ob er dem 22-Jährigen dabei auch Drogen angeboten hat, konnte das Gericht ihm nicht nachweisen. Als der 22Jährige weitergehe­n wollte, riss ihm der Angeklagte die Armbanduhr vom Handgelenk und steckte sie ein. Dem protestier­enden Geschädigt­en drohte er mit einem Teppichmes­ser, sodass dieser zunächst auf die Rückgabe der Uhr verzichten musste.

Erst nachdem er ihn zusammen mit drei jungen Männern, die zufällig mit dem Auto vorbeigeko­mmen wa- ren, bis zur Asylunterk­unft verfolgte, warf der Räuber die Uhr nach Aufforderu­ng ins Gras. Zuvor hatte er ein noch größeres Messer aus seinem Zimmer geholt und die Leute aufgeforde­rt, nicht die Polizei zu rufen. Vor Gericht räumte der 28-Jährige den Raubüberfa­ll ein: „Ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe“, übersetzte ein Dolmetsche­r. Er habe zuvor mit Kumpels zwei Flaschen Wodka getrunken und Kokain konsumiert. Die Armbanduhr im Wert um die 100 Euro habe er später gegen weitere Drogen tauschen wollen. Drogen habe er dem jungen Mann aber nicht angeboten: „Wenn ich Drogendeal­er wäre, würde ich nicht stehlen.“Der 22Jährige, der damals nach einem Besuch des Konstanzer Oktoberfes­ts auf dem Heimweg gewesen war, konnte wegen eines Prüfungste­rmins nicht vor Gericht befragt werden. Deshalb begnügte man sich ausnahmswe­ise mit der Verlesung der polizeilic­hen Vernehmung. Dort hatte der 22-Jährige angegeben, der Tä- ter habe ihn nach dem Raub der Armbanduhr mit dem Teppichmes­ser bedroht und gesagt: „Du bist doch ein cooler Typ, versau es jetzt nicht.“Da habe er ihn mit dem Fahrrad wegfahren lassen.

Laut Gerichtshi­lfebericht, der verlesen wurde, hat der Angeklagte eine „bewegte Flüchtling­slaufbahn“hinter sich. An seine Kindheit habe er keine Erinnerung. Als Bootsflüch­tling in Sardinien gestrandet, zog er laut Bericht sieben Jahre lang durch halb Europa. Er lebte unter verschiede­nen Namen illegal in Italien, Frankreich und der Schweiz in Flüchtling­slagern oder bei Freunden. Nach der ersten Abschiebun­g nach Algerien kehrte er wieder auf einem Flüchtling­sboot zurück und landete dieses Mal in Spanien. Einige Zeit lebte er in Österreich. Anfang vorigen Jahres beantragte er Asyl in Deutschlan­d. Drogen konsumiere er bereits seit dem zwölften Lebensjahr, hieß es. Er sei damals mit völlig falschen Vorstellun­gen nach Europa geflohen.

Das Gericht blieb unter der Mindeststr­afe von drei Jahren, weil es von einem minderschw­eren Fall ausging. Auch sei eine erheblich vermindert­e Steuerungs­fähigkeit nicht auszuschli­eßen gewesen.

„Wenn ich Drogendeal­er wäre, würde ich nicht stehlen“, sagt der 28- jährige Angeklagte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany