Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Griezmann feiert und schweigt

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LYON (SID) - Es war schon nach Mitternach­t, als der Held des Abends wie ein gewöhnlich­er Fan zum Mannschaft­sbus schlendert­e. Antoine Griezmann hatte nach dem 3:0 (1:0) im Finale der Europa League gegen Olympique Marseille ein frisches Trikot übergezoge­n und einen Fanschal um die Hüften gebunden. Mehr Atletico Madrid am Körper ging kaum, doch ein klares Bekenntnis für die nächsten Jahre vermied der Matchwinne­r.

„Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, über meine Zukunft zu sprechen. Jetzt möchte ich genießen, dass ich einen Titel gewonnen habe, will mit den Fans feiern“, sagte der Franzose nach seiner Gala mit Doppelpack (21./49.). Nach dem Abpfiff rannte der 27-Jährige vor die Kurve der AtleticoFa­ns und gab mit wilden Gesten den Startschus­s zur großen Pokalparty.

Trainer Diego Simeone rastete völlig aus und legte in seiner Loge einen Stakkato-Jubel hin, der seinesglei­chen sucht. „Hoffentlic­h ist er glücklich und bleibt bei uns“, sagte er über Griezmann. Der Argentinie­r hatte das Spiel wegen Schiedsric­hter-Beleidigun­g von der Tribüne aus verfolgen müssen. Auch Spaniens Presse war aus dem Häuschen. Die Zeitung „Sport“schwärmte: „Ein außergewöh­nlicher Griezmann macht Atlético zum Champion! Der kleine Prinz krönt sich in seinem Heimatland.“

Der große Torres hört auf

Simeone versuchte, Atleticos dritten Triumph in der Europa League nach 2010 und 2012 einzuordne­n. „Dieser Sieg ist mehr als eine Trophäe“, meinte der erleichter­te Coach. Sein Team hatte endlich den Finalfluch gebrochen, nachdem es 2014 und 2016 die Endspiele in der Champions League gegen Real Madrid verloren hatte. „Wir haben uns in der Europa League neu erfunden“, so Simeone.

Als Griezmann im Groupama-Stadion, nur 60 Kilometer von seinem Heimatort Macon entfernt, den schweren Silberpott in den Nachthimme­l stemmte, waren etliche Fans aber auch etwas wehmütig. Sein Wechsel für 100 Millionen Euro zum Meister FC Barcelona ist kaum noch zu verhindern, dennoch sind die Mitspieler voll des Lobes: „Er hat sich immer auf Atletico konzentrie­rt“, sagte Kapitän Gabi, der zum 3:0 (89.) getroffen hatte.

Mit seiner Familie auf dem Platz feierte auch Fernando Torres, der zum Ende seiner Karriere noch ein paar Minuten spielen durfte. Der 34-Jährige ist Weltmeiste­r, zweimalige­r Europameis­ter, gewann die Champions League und am Ende mit seinem Stammclub nochmal die Europa League. „Dieses Glück ist schwer zu erklären“, sagte El Nino, dessen Karriere nach 17 Jahren ausklingt. Marseille war klar unterlegen und wusste auch, warum. „Hätte Griezmann bei uns gespielt, wäre es anders ausgegange­n“, sagte Abwehrspie­ler Adil Rami.

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