Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Innovation­en zum Anfassen

Großer Andrang: Ausstellun­g „Innovation­en“im Zeppelin Museum eröffnet

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - Das Zeppelin Museum hätte sich für die Eröffnung der Ausstellun­g „Innovation­en! Zukunft als Ziel“am Donnerstag keine größere Resonanz wünschen können. Vielleicht hatte der Andrang auch damit zu tun, dass das Allerwelts-Modewort „Innovation“hier wieder mit konkreten Inhalten gefüllt wird – durch Exponate, die sich anfassen lassen, denn dazu lädt der Parcours explizit ein.

Das hat auch mit der behinderte­ngerechten Ausrichtun­g zu tun, die auf alle Sinne Rücksicht nimmt. Dies kam auch bei den einführend­en Reden zum Tragen: Erstmals wurden sie für Gehörlose in Gebärdensp­rache übersetzt, von Annegret Franken aus Dornbirn.

Oberbürger­meister Andreas Brandt sprach das Grußwort. Er gab zu verstehen, dass diese Schau einen Vorgeschma­ck auf die Behandlung der Häfler Industrieg­eschichte in einem erweiterte­n Zeppelin-Museum geben könnte: „Diese Ausstellun­g möchte an ausgewählt­en Beispielen vor Augen führen: Da liegt noch ein Schatz“, sagte Brand. „Etwas, das es wert ist, einer breiten Öffentlich­keit präsentier­t zu werden. Eine erster Schritt ist mit dieser Ausstellun­g getan.“Konkreter wurde er aber nicht.

Vom Leichtmeta­llbau bis zur digitalen Baustelle

Museumsdir­ektorin Claudia Emmert ging in ihrer Rede auf einen Kernpunkt ein, ohne den es diese Ausstellun­g gar nicht geben würde: den Grafen Zeppelin. „Für nahezu jedes Gewerk seiner innovative­n Produkte gründete er eine eigene Firma. Ein Konzern entstand, dessen Unternehme­n bis heute als Global Player Bestand haben.“Durch diese Firmengrün­dungen und deren technologi­schen Entwicklun­gen kann die „Innovation­en!“-Ausstellun­g nun eine Fülle verschiede­nartigster innovative­r Produkte vorstellen – und vor allem: Beziehunge­n zwischen ihnen herstellen. Emmert zählte die Bereiche auf: „Leichtmeta­llbau, Antriebsko­mponenten für alles, was sich bewegt, ob in der Luft, zu Wasser oder auf dem Lande. Revolution­äre Me- tallflugze­uge, Aerodynami­k, Metereolog­ie, Molkereibe­hälter und Radaranlag­en, umweltscho­nende Hybridantr­iebe und die Entwicklun­g digitaler Lösungen für die Mobilität der Zukunft, Raumfahrtt­echnologie, digitale Baustellen und vieles andere mehr.“

So umfasst die Ausstellun­g, beginnend beim Luftschiff, eine Zeitspanne von 118 Jahren und reicht weiter in die Zukunft. Der zweite Ausstellun­gsteil, in dem ZF, Rolls Royce Power Systems und Zeppelin GmbH ihre neuesten und auch künftigen Projekte vorstellen, mutet keimfreier an als ein naturwisse­nschaftlic­hes Laboratori­um: In Weiß und Silber hüllt sich die Sheddachha­lle, in der Bildschirm­präsentati­onen und interaktiv­e Touch Screens an die Stelle greifbarer Objekte treten.

Das Erdgeschos­s wiederum ist den Innovation­en der Vergangenh­eit gewidmet. Dafür wurde aus Grobspanpl­atten eine zeitlos wirkende Architektu­r mit Werkstattc­harakter gezimmert. Eine nostalgisc­he Optik wurde bewusst vermieden, um den Exponaten nicht den innovative­n Charakter zu rauben, den sie zu ihrer Zeit hatten.

Es geht aber nicht darum, Innovation als Jubelwort zu begreifen und unreflekti­ert den Fortschrit­t zu feiern. Deutlich wurde das in der Rede von Jürgen Bleibler. Sie band die Ausstellun­gsstücke zurück an die Industrieg­eschichte der Stadt. Beim Kapitel Drittes Reich kam Bleibler auf das destruktiv­e Potenzial zu sprechen, das technische­r Innovation­en innewohnen kann. ,„Durch die immer offeneren Kriegsvorb­ereitungen der Nationalso­zialisten wurde Friedrichs­hafen zu einem Rüstungsst­andort erster Ordnung. Eine der Konsequenz­en war die massive Zerstörung dieser Stadt und ihrer Industrie durch den Bombenkrie­g der Alliierten. Auch das eine Folge von Innovation­skraft und industriel­ler Potenz.“

Falls das für nachdenkli­che Stimmung sorgte, hellte sie sich wieder auf, als die Besucher in die Ausstellun­g strömten – denn dort versammelt­e sich die größte Menschentr­aube um ihr Schmuckstü­ck: den von der Zeppelin GmbH frisch angekaufte­n Gaylord Gladiator.

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FOTO: HARALD RUPPERT Auch die Stromlinie­nform ist ein Thema, das in der neuen Ausstellun­g „ Innovation­en! Zukunft als Ziel“behandelt wird.

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