Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Ich habe einen Fehler gemacht und bereue ihn“
Richter verurteilt Angeklagten zu einem Jahr auf Bewährung – Ehefrau geschlagen und Beamten mit Messer bedroht
TETTNANG/FRIEDRICHSHAFEN Nach Abschluss der Verhandlung lag sich das Ehepaar wieder in den Armen, als dem Angeklagten die Fußfesseln noch im Gerichtssaal abgenommen wurden: Zu einem Jahr auf Bewährung hat Amtsrichter Christian Pfuhl einen 35-jährigen Asylbewerber wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlichem Angriff in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
„Sollte ich mitbekommen, dass Sie Ihre Frau weiter schlagen, dann müssen Sie zwingend mit einem Widerruf rechnen“, sprach Richter Christian Pfuhl dem Angeklagten am Ende der rund sechsstündigen Verhandlung deutlich ins Gewissen. Dass dieser nicht zurück ins Gefängnis musste, hatte er ausgerechnet seiner 20-jährigen Ehefrau zu verdanken, die zwar die Anzeige im vergangenen Dezember gegen ihren Mann gestellt hatte, im Gerichtssaal jedoch immer wieder nur von „Missverständnissen“ sprach, wie „sie in jeder Ehe vorkommen“. „Das war von meinem Mann nicht böse gemeint, mein Körper ist einfach sehr empfindlich“, beteuerte sie, zudem habe die Übersetzerin nicht richtig wiedergegeben. Dabei zeigten die Fotos, die vorne in Augenschein genommen wurden, eindeutig Blutergüsse an Oberarm und Oberschenkel: So sah es der Richter als erwiesen an, dass der 35Jährige am 14. Dezember seine Frau mit dem Stiel eines Wischmobs auf den Oberschenkel geschlagen und sie außerdem in den Oberarm gebissen hat.
„Wissen Sie noch, weshalb sie sich gebissen haben? Es ist unter Ehepaaren ja etwas unüblich, sich zu beißen“, versuchte Richter Pfuhl, Licht in die Sache zu bringen. Es sei „ein Spiel“gewesen, bei dem erst seine Frau ihn in den Arm und dann er sie gebissen habe, erläuterte der Angeklagte, der bis zu seiner Verhaftung im Februar mit seiner Frau und seinen drei Kindern (vier, drei und ein Jahr alt) in Friedrichshafen lebte. Seit 2012 ist das Paar verheiratet – eine arrangierte Hochzeit, bei der sich beide zuvor nicht gekannt hätten, wie der junge Mann – teils unter Tränen – berichtete. „Wie ist denn Ihr Weltbild? Sind Mann und Frau gleichberechtigt?“, fragte der Richter. Er lebe jetzt in Deutschland und müsse nach den deutschen Gesetzen leben, so der Angeklagte ausweichend.
Misshandlungen seiner Frau
Am 9. Februar ereignete sich der zweite Vorfall: An diesem Tag überbrachten zwei Polizeibeamte dem Angeklagten ein „Wohnungs- und Annährungsverbot“, weil die Schwiergermutter am Tag zuvor das Landratsamt eingeschaltet hatte, nachdem ihre Tochter ihr über Bedrohungen und mehrere Schläge mit der Faust ihres Mannes berichtet haben soll. Doch diese ließen sich in der Verhandlung nicht beweisen, weshalb der Punkt schließlich eingestellt wurde. Unstrittig dagegen war, dass der 35-Jährige während des Polizeibesuchs in die Küche rannte, dort mehrere Messer aus einem Messerblock zog und mit einem davon einen der Polizisten bedrohte. Dank der schnellen Reaktion des Beamten – er hatte Pfefferspray zur Hand, sein Kollege zückte die Waffe – konnte der Asylbewerber überwältigt werden.
„Ich habe einen Fehler gemacht und bereue ihn. Ich werde das nie wieder tun“, versicherte der Angeklagte im Hinblick auf die Misshandlungen seiner Frau, die er jedoch während der Verhandlung kaum anschaute. „Das war eine ganz knappe Geschichte“, so Richter Pfuhl in seiner Urteilsverkündung. Zwar habe die Frau offensichtlich gelogen – und dies habe vermutlich auch Konsequenzen – doch die Reue, die drei Kinder und – bis auf einen Diebstahl – keinerlei Vorstrafen hätten zu der Bewährung geführt. Drei Jahre lang steht der Asylbewerber nun unter Beobachtung, zudem muss er 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten sowie einen Deutsch- und Integrationskurs besuchen.