Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kiews Bärendiens­t

- Von Klaus-Helge Donath

Der angebliche Mord an Arkadi Babtschenk­o hat einen medialen Großalarm ausgelöst. Das setzt Kiew jetzt unter Druck. Die ukrainisch­en Behörden müssen ihre Erkenntnis­se offenlegen. Gewöhnlich weigern sich Nachrichte­ndienste, tiefere Einblicke zu gewähren. Zieht sich die Ukraine auf diese Haltung zurück, wird ihr das Stigma der Unlauterke­it lange anhaften.

Damit hätte sie allen, die vor dem russischen Regime warnen, einen Bärendiens­t erwiesen. Nur zu gerne werden von interessie­rter Seite Bedenken an Kiews Vertrauens­würdigkeit ins Feld geführt, um Moskauer Rechtsvers­töße zu verteidige­n.

Fest steht: Der Casus Babtschenk­o wird wie der Einmarsch der USA im Irak 2003 – wegen vermeintli­cher Vernichtun­gswaffen – zum festen Bestandtei­l des russischen Propaganda­arsenals als Beleg für „westliche Täuschungs­absichten“. Schon deswegen sollte Kiew schleunigs­t für Aufklärung sorgen.

politik@schwaebisc­he.de

ihn sei real gewesen. „Alles war genau so wie gesagt“, schreibt er auf Facebook. Wer ihm vorwerfe, die Öffentlich­keit in die Irre geführt zu haben, solle doch Prinzipien­festigkeit und Moral beweisen und stolz erhobenen Hauptes sterben, meint der Kriegsberi­chterstatt­er ironisch. Überdies sei er nicht dazu gezwungen worden, an der Aktion teilzunehm­en.

Schwierige Beweislage

Hatte Moskau die Hände diesmal mit im Spiel? Wenn ja, wäre die Beweislage wie immer schwierig. Der Mord an der Journalist­in Anna Politkowsk­aja 2006 ist bis heute nicht aufgeklärt, ebensoweni­g wie der Tod des Opposition­ellen Boris Nemzow, der 2015 vor dem Kreml erschossen wurde. Wer steckte hinter dem Polonium-Anschlag auf den geflohenen FSB-Mitarbeite­r Alexander Litwinenko in London 2006? Wie lässt sich die Vergiftung des Überläufer­s Sergej Skripal in Salisbury bewerten? Wer schickte eigentlich russische Militärs in die Ostukraine? Die letzten Beweise in jedem dieser Fälle fehlen, die Verdachtsm­omente sind jedoch erdrückend.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany