Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Immer Ipanema und den Bodensee im Blick
„Häfler aus aller Welt“: Marta Stauber fehlt nichts in Friedrichshafen – außer fünf Monate mehr Sommer
FRIEDRICHSHAFEN - Menschen aus rund 120 Nationen leben laut aktueller Statistik in Friedrichshafen und tragen zur kulturellen Vielfalt in unserer Stadt bei. Viele von ihnen sind längst am See zuhause und identifizieren sich mit ihrer neuen Heimatstadt. In unserer Serie „Häfler aus aller Welt“stellen wir Männer und Frauen vor, die uns an ihrem Lebensweg teilhaben lassen und erzählen, warum sie sich im Hafen so wohl fühlen. Heute: Eine Frau, die weiß, dass auch in Brasilien nicht nur Samba getanzt wird.
Sie braucht das Wasser immer in ihrer Nähe. Wenn sie in ihrem Büro in der Zeppelinstraße am Schreibtisch sitzt, hat sie Ipanema – den berühmten Sandstrand in Rio de Janeiro – in ihrem Rücken an der Wand und kann gleichzeitig den Blick auf den Bodensee genießen. Aufgewachsen ist Marta Stauber im Südosten Brasiliens, zwischen Rio und São Paulo. „Aber inzwischen habe ich mehr als die Hälfte meines Lebens in Friedrichshafen verbracht“, sagt die 51Jährige.
1989 kam Marta Stauber an den Bodensee. Sie hatte ihr betriebswirtschaftliches Studium erfolgreich abgeschlossen und wollte in Deutschland für einen beschränkten Zeitraum berufliche Auslandserfahrung sammeln. Angedacht waren etwa zwei Jahre. „Für Sprachen habe ich mich schon immer begeistert, auch marktwirtschaftliche Themen interessierten mich“, sagt sie rückblickend. Als Exportleiterin bei der Schleicher & Co International AG in Markdorf hat sie gearbeitet, anschließend war sie für die EscadGruppe in Pfullendorf tätig, für die sie als Geschäftsführerin einer Niederlassung in Brasilien zwei Jahre in ihre alte Heimat zurückging. 2008 wurde sie Geschäftsführerin bei der Emos Technology GmbH in Ilmensee. Zwei Jahre später wagte Marta Stauber den Sprung in die Selbständigkeit und gründete in Friedrichshafen die „Inova Technology GmbH“, die sich mit den durchaus unterschiedlichen Geschäftsfeldern Aktenvernichtung und Medizintechnik beschäftigt – und weltweit agiert. „Auf dem Gebiet der Medizintechnik sind wir auf endoskopische Geräte spezialisiert und beliefern unter anderem auch Hospitäler in Brasilien“, erklärt Stauber, die erst kürzlich von einem Messeauftritt in Dubai zurückkehrte, bei der ihre Firma der einzige Aussteller aus dem Bodenseekreis war.
Arbeitszentrierter Workaholic, betriebswirtschaftlich denkende Unternehmerin und gleichzeitig treusorgender Familienmensch zu sein, das geht für die Ehefrau und zweifache Mutter Hand in Hand. „Übrigens wird bei aller Lebensfreude auch in Brasilien nicht den ganzen Tag Samba getanzt. Auch dort muss ganz normal gearbeitet werden“, räumt sie mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf. „Brasilien ist ein Land der Einwanderer. Auch meine Vorfahren kommen aus Portugal, Spanien und Deutschland“, erzählt sie.
Ein Seehasenfest verpassen? „Das kommt für mich als Häflerin nicht in Frage“, stellt Marta Stauber klar. Mit dem Baden im Bodensee hat sie in der Regel eher ihre Probleme. Nicht, weil es ihr nicht gefallen würde – ganz im Gegenteil. „Mir ist das Wasser auch im Sommer meistens zu kalt. Es sollte eben schon mindestens 24 Grad haben. Aber dafür kann ich es in der Sonne sehr gut aushalten“, meint sie schelmisch. Öfters zu kulturellen Veranstaltungen ins GrafZeppelin-Haus zu gehen, sich regelmäßig mit Freunden zum Stammtisch im Rathaus-Café zu treffen, auch das gefällt ihr in ihrer Stadt. War es früher der Fildenplatz, so ist mittlerweile der neue Uferweg in Fischbach zu ihrem absoluten Lieblingsspaziergang geworden. „Ich kaufe auch gerne hier ein. Ganz bewusst, um den Einzelhandel zu stärken“, betont sie. „Und ich bin als gebürtige Brasilianerin schon ein wenig stolz auf meinen schwäbischen Kartoffelsalat und meine Kässpätzle.“„Mir gefällt’s hier. Ich habe an Friedrichshafen nicht viel herumzumäkeln“, fasst Marta Stauber zusammen. Aber dann fällt ihr doch noch ein wichtiger Kritikpunkt ein: „Fünf Monate mehr Sommer dürften es allerdings schon sein.“