Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eisenbahnfähren sollen gefeiert werden
2019 jährt sich zum 150. Mal der Beginn des Trajektverkehrs auf dem Bodensee
ROMANSHORN - Verschiedene Städte und Gemeinden mit einem Bodenseehafen wollen 2019 ein spezielles Jubiläum feiern: 150 Jahre Trajektbetrieb. Gemeint sind damit Verbindungen mit Eisenbahnfähren auf dem Bodensee. Jahrzehntelang waren sie ein elementarer Wirtschaftsfaktor gewesen. Im eidgenössischen Romanshorn liefen teilweise drei Linien zusammen. Dort hat am Freitag das Patronats- und Organisationskomitee für die geplanten Feierlichkeiten erste Einzelheiten der Öffentlichkeit vorgestellt.
So soll es drei Festtage geben, wie Jörg Brack mitteilt. Er ist Präsident des Organisationskomitees und gleichzeitig Produktmanager bei den Schweizerischen Bundesbahnen. Anvisiert sind der 3. bis 5. Mai des nächsten Jahres. Laut Brack macht bisher Romanshorn mit. In Vorarlberg sei es Bregenz. Auf der deutschen Seite würden bisher Lindau und Friedrichshafen mitmachen.
Betroffen von der Trajekt-Geschichte ist zudem noch Konstanz. Dorthin liefen Querverbindungen von Lindau und Bregenz aus. Eine Zusage der Konstanzer fehle jedoch noch, berichtet Brack. „Wir sind aber in Gesprächen mit der Stadt.“
Wie die Feiern vor Ort jeweils aussehen werden, ist noch offen. „Jeder wird sein eigenes Fest organisieren“, sagt Brack. Grundsätzlich kommt der Anstoß aber aus der Schweiz, wird auf der Pressekonferenz am Freitag bestätigt. Dies hängt offenbar mit einem weiteren Jubiläum zusammen. Vor 150 Jahren ging der erste Abschnitt der eidgenössischen Seelinie in Betrieb - eine Eisenbahnverbindung entlang des Bodensee-Südufers.
Schweizer Initialzündung
In Romanshorn will man beides feiern: die Seelinie sowie den Trajektverkehr. In Sachen Seelinie schließen sich den Festivitäten noch Kreuzlingen und Rorschach an. Historisch gesehen war der Eisenbahnabschnitt auf Schweizer Seite die Initialzündung für den Trajektverkehr. Interessent geworden waren die Eisenbahnfähren, weil seinerzeit immer mehr Bodenseeanrainer Stichbahnen zum Ufer vortrieben. Die Württemberger hatten bereits 1847 erste Züge von Ravensburg nach Friedrichshafen dampfen lassen. Die Bayern erreichen den See 1853, die Badener zehn Jahre später. 1872 bauten die Vorarlberger am Bodensee. In der Schweiz wurde 1855 die Strecke von Winterthur nach Romanshorn eröffnet. 1869 kam die Verlängerung nach Rorschach als Teilstück der besagten Seelinie.
Von diesen Stichbahnen aus erschlossen sich umliegende Wirtschaftszentren, etwa Stuttgart, München oder Zürich. Rund um den Bodensee fehlte aber noch eine geschlossene Schienenverbindung. Auf den eher schlechten Straßen waren Fuhrwerke unterwegs. Zudem konnte man sich beispielsweise bei einer Direktverbindung Friedrichshafen-Romanshorn den österreichischen Zoll sparen. Dies alles zusammen machte einen Verkehr mit Eisenbahnfähren attraktiv. Die Waggons wurden in den Häfen direkt auf Schiffe oder Schleppkähne bugsiert. Das schwimmende Material war hierfür mit Schienen versehen worden. Doch der Ausbau der Verkehrswege an Land rund um den Bodensee machte die Eisenbahnfähren Schritt für Schritt unwirtschaftlich. 1976 wurde die letzte Verbindung eingestellt. Sie hatte zwischen Friedrichshafen und Romanshorn bestanden. Fürs Jubiläum möchte aber das Organisationskomitee nochmals ein Schiff mit Güterwaggons auf den See schicken. Hierfür sollen auf der heute als normale Fähre dienenden „Romanshorn“Schienen verlegt werden. Sie war einst Trajektschiff gewesen.
Claudius Graf-Schelling, Präsident des Patronatskomitees und sozialdemokratischer Politiker, verweist im weiteren noch darauf, dass es nicht um ein Schwelgen in Nostalgie gehe: „Das Jubiläum wird zukunftsorientiert sein.“Gemeint ist damit eine Diskussion über die Verkehrssituation am Bodensee. GrafSchelling nennt hierzu die Bodenseegürtelbahn am nördlichen Ufer. Sie ist einspurig und bisher nicht elektrifiziert. „Da gibt es sicher noch Potenzial“, meint er. Für weitere Diskussionen ist zum Jubiläum ein Verkehrssymposium geplant.