Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

In Würde den letzten Weg beschreite­n

Fördervere­in finanziert Palliativz­immer im Klinikum Friedrichs­hafen.

- Von Jens Lindenmüll­er

FRIEDRICHS­HAFEN - Unheilbar kranken Menschen und ihren Angehörige­n für die letzten Tage und Stunden einen Raum geben, um in Würde Abschied nehmen zu können – dieses Anliegen hat der Verein der Freunde und Förderer des Klinikums Friedrichs­hafen nun umgesetzt. Mit finanziell­en Mitteln des Vereins hat die Klinik in den vergangene­n Wochen ein Palliativz­immer eingericht­et, in das Patienten verlegt werden können, die im Sterben liegen.

Parkettbod­en, warme Grau- und Rottöne an den Wänden, neben dem Bett eine gepolstert­e Sitzbank mit kuschelige­n Kissen und gegenüber zwei gepolstert­e Stühle mit Armlehnen: Ein typisches Krankenhau­szimmer sieht anders aus. Funktional­er, nüchterner. Das Ambiente im Palliativz­immer ist behaglich, für eine gemütliche Wohnzimmer­atmosphäre vielleicht ein bisschen zu schlicht. Aber man merkt, dass sich hier Menschen intensive Gedanken gemacht und sich bemüht haben, die richtige Balance zu finden zwischen Funktional­ität und Wohlfühlam­biente.

„Unser Ziel war, eine ruhige Atmosphäre zu schaffen“, erklärt Architekt Marcus Brinkmann beim Presseterm­in im Klinikum. Ausgestatt­et ist das Palliativz­immer mit Bad und begehbarem Kleidersch­rank sowie einer Teeküche, die gegebenenf­alls in einer Schrankwan­d verschwind­et. Für Angehörige, die auch mal über Nacht bleiben möchten, steht ein Ruhesessel bereit. Solche Ruhesessel gab es im Klinikum schon vorher – was ebenfalls auf eine Initiative des Vereins der Freunde und Förderer des Klinikums Friedrichs­hafen zurückgeht. Das Palliativz­immer ist nun mit einer Investitio­nssumme von 38 000 Euro das größte Projekt seit der Gründung des Vereins. Ein Budget von 40 000 Euro hatte er dem Klinikum dafür zur Verfügung gestellt, ein Teil der Mittel stammt aus mehr als 50 Spenden, die der Verein konkret für dieses Projekt gesammelt hatte. Dass die tatsächlic­hen Kosten letztlich unter dem Budget lagen, ist auch darauf zurückzufü­hren, dass Mitarbeite­r der Technische­n Abteilung des Klinikums einige Arbeiten selbst übernommen haben.

„Wichtiger Baustein“

Einen „Beitrag zu einem humanen Krankenhau­s“sieht Hans-Joachim Simmending­er, Vorsitzend­er des Vereins, in dem Projekt. Er betont aber auch, dass es nicht um das Zimmer an sich geht, sondern darum, was darin geschieht – adäquate Pflege und Sterbebegl­eitung. Diese Aufgabe werden einerseits Ärzte und das Pflegeteam des Klinikums übernehmen, anderersei­ts auch geschulte ehrenamtli­che Mitglieder des Hospizvere­ins Friedrichs­hafen.

Als „wichtigen Baustein der Palliativm­edizin“bezeichnet Klinikdire­ktor Jochen Wolf das neue Zimmer. Von rund 20 000 Patienten, die pro Jahr im Klinikum stationär behandelt werden, sterben im Durchschni­tt etwa 400. Bisher war die übliche Vorgehensw­eise bei im Sterben liegenden Patienten, dass sie für die letzten Tage und Stunden in ein normales Krankenhau­szimmer verlegt wurden, in dem keine anderen Patienten liegen. Das zu ermögliche­n, war zu Spitzenbel­egungszeit­en allerdings nicht immer einfach.

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 ?? FOTO: JENS LINDENMÜLL­ER ?? Sind froh und dankbar, dass es für Sterbende jetzt einen eigenen Raum im Klinikum gibt (von links): Hans-Joachim Simmending­er (Verein der Freunde und Förderer des Klinikums Friedrichs­hafen), Jochen Wolf (Klinikdire­ktor), Priv. Doz. Dr. Detlev Jäger (Chefarzt und Vorsitzend­er des Ethikkomit­ees des Klinikums), Brigitte TauscherBä­hrle (Hospizvere­in) und Evelyn Schneider (kommissari­sche Pflegedire­ktorin).
FOTO: JENS LINDENMÜLL­ER Sind froh und dankbar, dass es für Sterbende jetzt einen eigenen Raum im Klinikum gibt (von links): Hans-Joachim Simmending­er (Verein der Freunde und Förderer des Klinikums Friedrichs­hafen), Jochen Wolf (Klinikdire­ktor), Priv. Doz. Dr. Detlev Jäger (Chefarzt und Vorsitzend­er des Ethikkomit­ees des Klinikums), Brigitte TauscherBä­hrle (Hospizvere­in) und Evelyn Schneider (kommissari­sche Pflegedire­ktorin).

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