Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bayern verschärft Kurs in der Asylpolitik
Söder will Verfahren beschleunigen – FDP beantragt U-Ausschuss in der Bamf-Affäre
MÜNCHEN/STUTTGART/BERLIN Während in Berlin weiter darum gestritten wird, wer für die Missstände beim Flüchtlingsamt Bamf verantwortlich ist, verschärft Bayern seinen Kurs in der Asylpolitik. Ministerpräsident Markus Söder spricht von einem „Modell für Deutschland“.
Söder will gut vier Monate vor der Landtagswahl unter anderem die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber deutlich beschleunigen und dafür auch in Eigenregie Abschiebeflüge organisieren. Das geht aus einem neuen „Asylplan“hervor, der heute im Landeskabinett beschlossen werden soll. Das Konzept sieht zudem die Einrichtung sieben sogenannter Ankerzentren für Asylbewerber allein in Bayern vor, um Asylverfahren zu beschleunigen – in jedem Regierungsbezirk eines. Dort soll es dem Papier zufolge auch kein „Asylgehalt“mehr für Asylbewerber geben, sondern nur noch Sachleistungen.
In Baden-Württemberg gibt es dagegen keine Pläne, den Kurs in der Asylpolitik, insbesondere bei Abschiebungen, weiter zu verschärfen. „Baden-Württemberg führt bereits Rückführungen in den Westbalkan mit eigenen Chartern durch. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht“, heißt es in einer Stellungnahme des Innenministeriums. Zudem seien die Zuständigkeit für Abschiebungen beim Regierungspräsidium Karlsruhe konzentriert und dieser Bereich personell gestärkt worden, teilte ein Sprecher des Ministeriums der „Schwäbischen Zeitung“mit.
In Berlin legte derweil auch die FDP einen Antrag zur Einberufung eines Untersuchungsausschusses des Bundestags zur Asylpolitik vor. Es gehe nicht um Anklage und erst recht nicht um Verschwörungstheorien, sondern um Aufklärung, sagte Parteichef Christian Lindner. Mit dem UAusschuss solle die Arbeitsweise des Bamf und das „Krisenmanagement der Bundesregierung“beleuchtet werden. Grüne und Linke warfen der FDP vor, sie wolle den Ausschuss nutzen, um die Flüchtlingspolitik grundsätzlich zum Thema zu machen. Der Bundestag wird am Donnerstag erstmals darüber beraten.
MÜNCHEN/STUTTGART (dpa/tja) Gut vier Monate vor der Landtagswahl verschärft die CSU-Regierung ihren Kurs in der Asylpolitik noch einmal. „Was Bayern hier macht, kann Modell für Deutschland sein“, meinte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Zentraler Punkt sind Abschiebungen in Eigenregie.
„Wir wollen künftig auch selber abschieben, mit eigenen Abschiebeflügen“, sagte Söder – bislang ist für die Flüge allein der Bund verantwortlich. Bayerische Polizisten sollen dafür geschult werden. „Wir gehen in Zukunft von einer höheren Zahl an Rückführungen und freiwilligen Ausreisen aus“, sagte Söder. Auch die Zahl von Abschiebehaftplätzen soll erhöht werden. „Wer gewalttätig wird, muss damit rechnen, dass wir mit Abschiebehaft reagieren“, sagte Söder. Beim neuen Landesamt für Asyl soll es eine Taskforce geben.
Mit den sieben Ankerzentren will Bayern nach Worten Söders „in Vorleistung“gehen. Die Zentren sollen aber nicht neu errichtet werden, vielmehr sollen bestehende Einrichtungen umgewidmet werden: Manching, Bamberg, Schweinfurt, Zirndorf, Regensburg, Deggendorf und Donauwörth. Die bundesweite Einrichtung solcher Zentren ist ein zentraler Baustein der Asylpolitik von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Die Mehrzahl der Bundesländer sperrt sich bislang dagegen.
Zudem plant Bayern eine Doppelstrategie: „Statt Anreize in Form von Geldmitteln zu zahlen, stellen wir auf Sachleistungen um“, sagte Söder. Andererseits sieht der Plan „gezielte Anreize für Ausreisepflichtige und Herkunftsstaaten durch Hilfen und Geldleistungen“vor, „um freiwillige Ausreisen zu steigern und die Aufnahmebereitschaft der Herkunftsstaaten zu stärken“. Die SPD warf Söder vor, die Debatte um Asyl und Flüchtlinge ohne Not zu verschärfen. „Söder will spalten, statt den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu fördern. Er bringt eine Schärfe in die Debatte, die nicht angebracht ist und betreibt reine Symbolpolitik“, kritisierte die SPD-Landtagsabgeordnete Angelika Weikert.
Verweis auf Heidelberg
Das baden-württembergische Innenministerium erklärte, im Land habe man „ein erfolgreiches Modell mit einem Ankunftszentrum in Heidelberg und vier Landeserstaufnahmeeinrichtungen“. Das Modell unterstütze das Ziel, die Registrierung, die Asylantragstellung und -anhörung im Ankunftszentrum so schnell wie möglich durchzuführen und Flüchtlinge ohne Bleiberecht möglichst schnell aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen zurückzuführen. In diesem Sinne stehe es dem Prinzip nach auch für die Ankerzentren ein Stück weit Pate. Das Heidelberger Ankunftszentrum habe nicht von ungefähr Modellcharakter.