Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Opposition erhöht in Bamf-Affäre den Druck

FDP beantragt Untersuchu­ngsausschu­ss – Grüne sind für Sondersitz­ungen des Innenaussc­husses

- Von Andreas Herholz und dpa

BERLIN - Was wusste die Kanzlerin zu welchem Zeitpunkt über Versäumnis­se beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf)? Die Opposition erhöht den Druck auf Angela Merkel (CDU). Geht es nach den Grünen, soll die Regierungs­chefin im Innenaussc­huss des Deutschen Bundestage­s Rede und Antwort stehen. FDP und AfD wollen noch in dieser Woche die Einsetzung eines Parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses zur Aufklärung der Bamf-Affäre beantragen.

Allerdings fehlt dafür bisher die notwenige Zustimmung von einem Viertel der Abgeordnet­en. Grüne und Linksparte­i lehnen den Schritt ab, halten die FDP-Forderung nach einem Untersuchu­ngsausschu­ss zu Missstände­n im Bundesamt für Flüchtling­e für einen Vorwand, um die Asylpoliti­k allgemein an den Pranger zu stellen. „Da springt die FDP zwei Schritte zu weit, weil sie offensicht­lich die aktuellen Fragen überhaupt nicht beantworte­t haben will“, erklärte Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Den Freidemokr­aten gehe es wie der AfD vor allem darum, die Flüchtling­spolitik des Jahres 2015 zu thematisie­ren. Die Linke fürchtet, dass die AfD ein solches Gremium instrument­alisieren würde. FDP-Chef Christian Lindner weist dies zurück:

„Nur Verdruckst­heit und das Gefühl, es könnte etwas vertuscht werden, spielt der AfD in die Karten“, erklärte Lindner und forderte bei der Vorstellun­g des Antrags der Liberalen eine gründliche Ausleuchtu­ng der Vorgänge beim Bamf bis hinein ins Kanzleramt.

Merkel weist Vorwürfe zurück

Die Regierungs­chefin ließ am Montag ihren Regierungs­sprecher Vorwürfe und Kritik an ihrer Rolle in der Bamf-Affäre zurückweis­en. Auf Initiative der Kanzlerin habe der frühere Chef der Bundesagen­tur für Arbeit und Bamf-Chef, Frank-Jürgen Weise, ab September 2015 an Verbesseru­ngen und Veränderun­gen in der Behörde gearbeitet und immer wieder auch Merkel über Reformen und Umstellung­en informiert, erklärte Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Die Vorgänge bei der Bremer BamfAußens­telle seien „nicht Gegenstand der Gespräche“zwischen Merkel und Weise gewesen, versichert­e er. In der Berichters­tattung über den Bamf-Skandal sei „manches durcheinan­dergegange­n“.

Am Wochenende hatte es Berichte gegeben, nach denen Ex-BamfChef Weise die Bundesregi­erung für die Missstände der Behörde in der Flüchtling­skrise verantwort­lich gemacht haben soll. Nach seinem Ausscheide­n 2017 habe er in einem vertraulic­hen Papier vor allem das Bundesinne­nministeri­um kritisiert. „Die Krise war vermeidbar“, urteilte er.

Am Mittwoch stellt sich Merkel erstmals einer Regierungs­befragung, die künftig dreimal im Jahr stattfinde­n soll. Im Mittelpunk­t dürfte dabei der Bamf-Skandal stehen. Die Regierungs­chefin im Kreuzverhö­r – auch die SPD stellt die Frage nach der politische­n Verantwort­ung des Kanzleramt­es immer lauter. Kommt jetzt ein Parlamenta­rischer Untersuchu­ngsausschu­ss oder nicht? Die erste Lesung steht für Donnerstag auf der Tagesordnu­ng des Bundestags – dann wird in einem Ausschuss darüber beraten, bevor im Plenum abgestimmt wird. Voraussich­tlich in der kommenden Woche soll eine weitere Sondersitz­ung des Innenaussc­husses für weitere Aufklärung sorgen. Neben den ehemaligen Bamf-Chefs Weise und Manfred Schmidt sollen auch der frühere Kanzleramt­sminister und Flüchtling­skoordinat­or Peter Altmaier und der ehemalige Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (beide CDU) als Zeugen auftreten, fordert die Opposition.

FDP-Fraktionsv­izechef Stephan Thomae sieht immer mehr Hinweise dafür, dass die Kanzlerin und ihr früherer Flüchtling­skoordinat­or Altmaier über die Zustände und Vorgänge im Bamf gewusst hätten. Man brauche jetzt einen Untersuchu­ngsausschu­ss, „um restlos aufzukläre­n“.

Die Grünen wollen derzeit keinen Untersuchu­ngsausschu­ss einsetzen. Ein U-Ausschuss habe den Nachteil, dass die wirkliche Arbeit vermutlich erst 2019 beginnen könne, sagte die Grünen-Abgeordnet­e Luise Amtsberg am Montag im ZDF-„Morgenmaga­zin“. Das sei zu spät. Dies sei der Grund, warum die Grünen Sondersitz­ungen des Bundestags-Innenaussc­husses als schnellste­n Weg wollen.

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FOTO: DPA Über den richtigen Weg zur Aufklärung der Affäre im Bundesamt für Migration und Flüchtling­e wird heftig debattiert.

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