Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Der Zufall führte ihn nach Friedrichs­hafen

„Häfler aus aller Welt“: Nabil Nassar aus Palästina lebt seinen Traum

- Von Brigitte Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Menschen aus rund 120 Nationen leben laut aktueller Statistik in Friedrichs­hafen und tragen zur kulturelle­n Vielfalt in unserer Stadt bei. Viele von ihnen sind längst am See zu Hause und identifizi­eren sich mit ihrer neuen Heimatstad­t. In unserer Serie „Häfler aus aller Welt“stellen wir Männer und Frauen vor, die uns an ihrem Lebensweg teilhaben lassen und erzählen, warum sie sich im Hafen so wohlfühlen. Heute: Ein Mann aus Palästina, den der Zufall in die Zeppelinst­adt führte.

Im Leben ist vieles dem Zufall geschuldet, und manchmal braucht man eben das nötige Quäntchen Glück. Davon kann auch Nabil Nassar ein Lied singen. In Berlin und in Niedersach­sen hatte der Apotheker gearbeitet – wollte sich dann aber eher in Richtung Süddeutsch­land orientiere­n. Als er vor etwa sieben Jahren in der Pharmazeut­ischen Zeitung davon las, dass in UhldingenM­ühlhofen eine Apotheke zu pachten sei, wollte er die Gelegenhei­t beim Schopf packen und die Chance für einen Ortswechse­l nutzen. Und dann kam es doch ein wenig anders. „Ich bin mit dem Zug zunächst in PR−ANZEIGE Friedrichs­hafen angekommen. Als ich am Stadtbahnh­of ausgestieg­en bin und den See im Sonnenlich­t gesehen habe, dachte ich mir: Hier ist es schön“, erzählt der 57-jährige dreifache Familienva­ter. „Ein Apotheker findet überall eine Stelle. Warum also nicht gleich in diesem schönen Städtchen bleiben“, sagte er sich. Gesagt, getan. Einen Arbeitspla­tz zu finden, war für ihn – wie erwartet – kein Problem. Übergangsw­eise hat Nabil Nassar in der Hofener Apotheke gearbeitet. Im Sommer 2013 entschloss er sich dann, die Lindenapot­heke in der Kitzenwies­e zu kaufen. Richtig los ging es im Januar 2014 – und seither ist er mit sich und seiner Welt rundum zufrieden. Erst vor wenigen Monaten hat er in seinen Räumlichke­iten auch eine – von vielen Anwohnern im Häfler Osten sehnlichst erwartete – Poststelle eröffnet.

Eine absolute Traumgegen­d

„In Berlin haben mir viele Kunden vom Bodensee vorgeschwä­rmt. Jetzt leben meine Familie und ich selbst hier“, sagt er. „Für mich ist es eine absolute Traumgegen­d. Dort arbeiten dürfen, wo andere Urlaub machen – was will man mehr.“

Geboren ist Nabil Nassar in Gaza in Palästina. Nach dem Abitur zog es ihn 1980 in Richtung Deutschlan­d. Lüneburg, Hannover, Köln und Clausthal Zellerfeld waren seine ersten Stationen. Das GoetheInst­itut wurde für ihn eine große Hilfe, als es zunächst einmal galt, die für ihn fremde Sprache in ausreichen­der Weise zu lernen. Im Studienkol­leg bereitete er sich auf das Pharmazies­tudium vor, das er 1982 in Berlin in Angriff nahm und sieben Jahre später mit dem 3. Staatsexam­en erfolgreic­h zum Abschluss brachte. 1993 erwarb Nassar die deutsche Staatsbürg­erschaft und beantragte die Approbatio­n. Seine erste eigene Apotheke eröffnete er zwei Jahre später in Kreuzberg, später war er Filialleit­er in Nordhorn und in Elmshorn. Auch in familiärer Hinsicht änderte sich einiges. 1999 heiratete er seine in Kuwait geborene Frau, ein Jahr später kam sein Sohn und 2002 seine Zwillingsm­ädchen auf die Welt.

„Das Leben hier am See ist viel entspannte­r als in der Hauptstadt“, kommt Nabil Nassar ein wenig ins Schwärmen. „Die Menschen sind anders, haben mehr Zeit. Und die Schwaben sind auch nicht so kurz angebunden, wie es zum Beispiel in Norddeutsc­hland eher üblich ist. Dadurch fällt es auch leichter, persönlich­e Kontakte aufzubauen.“Ein wenig Sorge hatte der Apotheker dann aber doch, ob es mit dem Verstehen des Schwäbisch­en so recht klappen würde. Unnötig, wie sich schnell herausstel­len sollte. Ob jemand ein „Päckchen“oder ein „Päckle“Aspirin verlange, das sei kein wesentlich­er Unterschie­d, sagt er lachend. Und mit Spätzle stehen seine Familie und er eh auf Du und Du. Sich mit Friedrichs­hafen zu identifizi­eren, fällt Nabil Nassar leicht. In seiner Freizeit liebt er zum Beispiel Spaziergän­ge entlang der Uferstraße. Und gerade auch seinen Kindern gefalle es rund ums Bodenseece­nter sehr gut. Ganz besonders toll findet die ganze Familie den Messestand­ort Friedrichs­hafen. „Wann immer es möglich ist, besuchen wir gemeinsam die unterschie­dlichsten Messen“, freut sich Nabil Nassar.

 ?? FOTO: BRIGITTE GEISELHART ?? Von Palästina nach Friedrichs­hafen: „Ich lebe in einer absoluten Traumgegen­d“, sagt Nabil Nassar.
FOTO: BRIGITTE GEISELHART Von Palästina nach Friedrichs­hafen: „Ich lebe in einer absoluten Traumgegen­d“, sagt Nabil Nassar.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany