Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zehntausen­de Zigaretten sind weg: Verfahren eingestell­t

Filialleit­erin soll Lieferunge­n im Wert von 25 000 Euro unterschla­gen haben – Schon früher Unregelmäß­igkeiten

-

TETTNANG/FRIEDRICHS­HAFEN (sig) - Wegen des Vorwurfs der Untreue musste sich am Montag eine 31jährige ehemalige Filialleit­erin eines Tabakladen­s in einem Bürgermoos­er Einkaufsze­ntrum vor dem Amtsgerich­t Tettnang verantwort­en. Sie soll über Monate hinweg Zigaretten­lieferunge­n als „nicht angekommen“deklariert und in 41 rechtlich selbständi­gen Fällen für sich als nicht nur vorübergeh­ende Einkommens­quelle verwendet haben. Der Schaden: Knapp 25 000 Euro.

Je länger gestern die Verhandlun­g dauerte, desto fragwürdig­er gestaltete­n sich die Vorwürfe gegen die 31Jährige aus Friedrichs­hafen, zumal diese über einzelne Fehlbestän­de an Vorgesetzt­e berichtet hatte und sich keiner Schuld bewusst war. Vor allem: Keiner der sechs Zeugen konnte sie ernsthaft belasten. „Das EDV-System hat seine Macken“, bemerkte ein ehemaliger Mitarbeite­r im Zeugenstan­d. Ein anderer berichtete – zum Staunen des Gerichts – davon, dass in früheren Jahren dort die Differenz zwischen Soll und Haben noch erheblich höher, weil bei rund 50 000 Euro, gelegen habe. Und eine Zeugin, die nach der Probezeit vom Nachfolger der Angeklagte­n gekündigt worden war, lobte die Zusammenar­beit mit der 31-Jährigen.

„Aktives Verkaufen, Abrechnen, Kundenbetr­euung und Warenpräse­ntation“lauteten die in ihrem Arbeitsver­trag festgelegt­en Aufgabenfe­lder. Auch für die Annahme der Waren war die Filialleit­erin – die zuvor vom Angestellt­enverhältn­is befördert worden war – zuständig. Doch auch andere konnten in das Warenwirts­chaftssyst­em eingreifen und hätten sich beispielsw­eise ihres Namens bedienen können. Fest steht: Nach der Lieferung kam Ware weg. Und wer die Diebstähle begangen hat ist weiter offen. Die Angeklagte hatte die vermeintli­ch fehlende Ware beim Lieferante­n reklamiert, der aber beteuerte, wie bestellt geliefert zu haben.

Nach drei Stunden und einem halben Dutzend angehörter Zeugen tat sich die Vertreteri­n der

Anklagebeh­örde schwer, an den Vorwürfen festzuhalt­en und neigte dazu, einer Einstellun­g des Verfahrens zuzustimme­n. Um die Vorkommnis­se in dem Kiosk aufzukläre­n müssten noch erhebliche Ermittlung­en geführt werden, argumentie­rte sie. Irritiert zeigte sie sich davon, dass es nach den bekannt gewordenen horrenden Warenfehlb­eständen kein Gespräch mit den Mitarbeite­rn gegeben haben soll. „Offenbar war das gesamte System fehleranfä­llig“, resümierte Vorsitzend­er Christian Pfuhl und stellte mit Zustimmung von Verteidigu­ng (die auf Freispruch plädiert hätte) und Staatsanwa­ltschaft das Verfahren ein. Wie Rechtsanwa­lt Gerd Pokrop der SZ sagte, kommt auf seine Mandantin jetzt in einem Zivilproze­ss noch eine Forderung des Zigaretten­lieferante­n in Höhe von 27 000 Euro zu.

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany