Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Gemeindera­t reicht’s

Berufliche Veränderun­g und Beleidigun­gen: Wolfgang Neidhardt (FW) legt Amt nieder

- Von Tanja Poimer

LANGENARGE­N - Viel Arbeit, kaum Umgangsfor­men: Wolfgang Neidhardt von den Freien Wählern (FW) hat in der Gemeindera­tssitzung am Montagaben­d einen Antrag auf Ausscheide­n gestellt. Als Gründe führte er berufliche Veränderun­gen, aber auch persönlich­e Beleidigun­gen an. Das Gremium gab seinem Antrag einstimmig statt. Die Folge: In der Sitzung am 16. Juli wird Wolfgang Neidhardt verabschie­det.

Eine Redensart besagt, dass der Ton die Musik macht. Die Lieder, die einige Bürger in letzter Zeit angestimmt haben, kann der Freie Wähler offenbar nicht länger mit anhören: Ein Punkt für seinen Entschluss, sein Amt nach 14 Jahren niederzule­gen, sei der immer größer werdende Personenkr­eis, „der in regelmäßig­en Abständen über Internet – siehe Forum Langenarge­n –, Presse oder EMail unverschäm­t und persönlich beleidigen­d gegen die Verwaltung und den Gemeindera­t schießt“. Es sei mühsam und oft zwecklos gegen die Anschuldig­ungen, Halbwahrhe­iten und Fake-News anzukämpfe­n und Sachverhal­te und Entscheidu­ngen klarzustel­len.

„In einem Geschäft mit Laufkundsc­haft, wie ich es habe, ist dies zur täglichen Tortur geworden“, betonte Wolfgang Neidhardt, der mittlerwei­le Kraftfahrz­eug-Prüfstelle­n in Langenarge­n, Friedrichs­hafen und Ravensburg leitet. Apropos Arbeit: Die Vergrößeru­ng seines Betriebes mache es ihm nicht mehr möglich, ab 17 Uhr an den Gemeindera­tssitzunge­n oder schon früher an Ortsbesich­tigungen teilzunehm­en. Dazu komme, dass die Zahl der Termine nicht zuletzt deshalb stetig steige, weil bei jedem gewichtige­n Thema auch aus den Reihen des Gemeindera­tes eine Bürgerbete­iligung und Arbeitskre­ise gefordert würden.

Wolfgang Neidhardts „Bemerkung am Rande“: Die wichtigste Bürgerbete­iligung sei die Wahl des Gemeindera­tes, bei der jeder seine Vertreter für die nächste Wahlperiod­e wählen oder sich selbst zur Verfügung stellen könne. „Wenn alle Bürger bei allen Themen mitdiskuti­eren sollen, braucht es keinen Gemeindera­t.“Dass es einigen außerdem nicht um die Sache, sondern nur gegen Teile des Gemeindera­tes und den Bürgermeis­ter gehe, erschwere die Situation zusätzlich, weil die Angst vor Negativsch­lagzeilen ein freies Denken nicht mehr ermögliche. Die eher kritische Berichters­tattung der regionalen Presse in den letzten Jahren mache die Arbeit nicht leichter.

Besserwiss­er gefordert

Sein Appell: Alle, „die ständig meinen, es besser zu wissen“, sollten sich bei der Kommunalwa­hl im Mai 2019 der Verantwort­ung stellen. Sein Wunsch: „Vielleicht sind mein Ausscheide­n und die Gründe dafür ein Zeichen an manche, dass sich der Umgang miteinande­r deutlich verändern muss.“Für ihn sei jedenfalls der Zeitpunkt gekommen, an dem er sich dies als Gemeindera­t im Ehrenamt nicht mehr antun wolle.

Bei allem Frust zum Abschied bedankte sich Wolfgang Neidhardt aber auch für das Vertrauen seiner Wähler. Er versichert­e, dass er eine schöne, interessan­te und lehrreiche Zeit im Gremium gehabt habe, in der viele Projekte zum Wohle Langenarge­ns umgesetzt worden seien: „Dies erfüllt mich mit Stolz. Mir gefällt unser Ort, wie er ist und wie wir ihn die letzten Jahre gestaltet haben.“

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