Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Reich gegen Arm
Literatur-und-Theater-Kurs von KMG und GZG bringt „Metropolis“auf die Bühne
FRIEDRICHSHAFEN - Der Literaturund-Theater-Kooperationskurs des Karl-Maybach-Gymnasiums und des Graf-Zeppelin-Gymnasiums hat am Dienstag- und Mittwochabend im Cinéma des KMG das Stück „Metropolis“auf die Bühne gebracht. Das Theaterstück des österreichischen Künstlers Franzobel war eine Adaption des berühmten Stummfilms „Metropolis“.
Der Film war 1927 der teuerste der deutschen Geschichte. Metropolis ist eine Super-Großstadt mit einer hart getrennten Zwei-Klassen-Gesellschaft. In der oberen Stadt leben die Reichen und schwelgen im Luxus. In der Unterstadt schuften sich die Arbeiter zu Tode, um die Stadt am Laufen zu halten. Während es unter den Arbeitern beginnt zu gären, erfährt Freder, der Sohn des Herrn von Metropolis, durch die Arbeiterführerin Maria zum ersten Mal vom Los der Unterschichtler und will zwischen Führung und Arbeitern vermitteln. Sein Vater benutzt indes den Erfinder Rotwang, der einen Maschinenmenschen einsetzen soll, um demagogisch gegen die Arbeiter vorzugehen. Doch der will sich an ihm rächen und verfolgt seine eigenen Pläne.
Diese Handlung wurde in der Umsetzung dermaßen sozialromantisch kitschig überzogen, dass das Machwerk zum größten Flop der deutschen Kinogeschichte wurde. Was aber damals schon an dem Film gelobt wurde, ihn jedoch nicht retten konnte, waren die brillanten Effekte und die monumentale Bildgestaltung, die mit einem bis dahin beispiellosen Aufwand betrieben worden waren. Diese machten Metropolis lange nach seiner eigentlichen Zeit zum Kultfilm.
Smartphones statt Maschinen
Im Cinéma wurde eine Adaption aufgeführt, die auf die Bildstärke komplett verzichtete und die Handlung radikal um den Kitsch reduzierte. Franzobel bleibt mit den Texten manchmal dicht an der Vorlage, entfernt sich aber auch immer wieder weit von ihr und versucht offenbar, die expressionistische Bildkraft in eine Kunstsprache zu transportieren.
Die Inszenierung von Roland Trusits ist minimalistisch. Das Bühnenbild beschränkt sich hauptsächlich auf Stühle. Statt an Maschinen der Schwerindustrie müssen die Arbeiter als Anpassung an die neue Zeit an Smartphones schuften.
Drei Damen in Rot übernehmen die Rolle des Chorus und sprechen als Erzählerinnen. Joh Fredersen, Herr von Metropolis, wird von Jonas Hobe als gefühlskalter Technokrat abweisend und arrogant steif dargestellt. Seinen Sohn Freder spielt Bastian Werner als den einzigen Charakter, der in der Oberwelt noch zu deutlichen Emotionen fähig ist. Josaphat, alias Franca Ratz, der einzige andere Positiv-Charakter der Oberwelt, hat zwar auch Gefühle, bleibt dabei aber in jener Steifheit des Dieners gefangen.
Maria wird von Anika Tomaszewski mit viel Leidenschaft bei ihrem Kampf für die Arbeiter gespielt. Als Rotwang, der halbverrückte Erfinder, zeigt Nils Walser den Hass, der sich über die Jahre in ihm angesammelt hat. Marias Maschinendoppelgängerin wird von Lisa Littmann mit viel Körpereinsatz als ruchlose Verführerin und Aufwieglerin auf die Bühne gebracht.
Die Schmale, Agentin des Chefs, ist weniger kalter Killer als bösartig und am Leid anderer erfreut. Grot, der Maschinenmeister, bekommt von Stella Stauber viel wütende Liebe zu seinen Maschinen mit. Und als Györgi, der Arbeiter mit dem Freder die Rolle tauscht, zeigt Sila Yildiz die Festgefahrenheit in einem System, das den Arbeitern nicht einmal Namen erlaubt.
Es waren noch viele weitere Darsteller auf der Bühne, die nicht nur die grauen Massen der Arbeiter, sondern auch den Kontrast der beiden Welten zum Ausdruck brachten. In einem Fiebertraum Freders tauchen auch die sieben Todsünden sehr plastisch als Personen auf.
Die Schüler hatten wochenlang an diesem Stück gearbeitet und sich dabei einer großen Herausforderung gestellt. Ihren Familien und Freunden hat es offenbar gefallen und sie gaben lautstarken Schlussapplaus.