Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Europas Versagen

- Von Claudia Kling

Wenn Donald Trump an der Grenze zwischen den USA und Mexiko Familien trennen lässt, dann ist hierzuland­e der Aufschrei groß. Dann wird lamentiert ob der herzlosen Politik des US-Präsidente­n. Doch wie verhalten ist dagegen die Empörung, wenn direkt vor der europäisch­en Küste Hunderte gerettete Flüchtling­e tagelang auf engstem Raum ausharren müssen. Männer, Frauen und kleine Kinder, denen es gelungen ist, den katastroph­alen Zuständen in Libyen zu entkommen. Es ist beschämend, wie lange es gedauert hat, bis das Rettungssc­hiff „Lifeline“in einen europäisch­en Hafen einlaufen durfte. Und wenn Innenminis­ter Horst Seehofer „keine Handlungsn­otwendigke­it für Deutschlan­d“sieht und von einem „Shuttle“spricht, klingt dies geradezu zynisch.

Aber das Versagen hat vor allem eine europäisch­e Dimension: Seit Jahren wird in Brüssel über die Sicherung der EU-Außengrenz­en und die Verteilung von Flüchtling­en gesprochen – ohne zu rechtsstaa­tlichen und humanitäre­n Lösungen zu kommen. Durchgeset­zt hat sich das Sankt-Florians-Prinzip – die Rechtspopu­listen freut’s.

Wenn Europa sein menschlich­es Gesicht wahren will, muss die Politik des maximalen Eigennutze­s ein Ende haben. Denn sonst verkommt die Europäisch­e Union zu einer Gemeinscha­ft ohne Wert.

c.kling@schwaebisc­he.de

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