Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vetternwir­tschaft und Skandale – US-Umweltmini­ster muss gehen

Der Klimawande­l-Leugner Scott Pruitt ließ unter anderem für 43 000 Dollar eine Telefonzel­le bauen – Doch Trump hielt große Stücke auf ihn

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Donald Trump musste seinen Umweltmini­ster Scott Pruitt entlassen, so schwer ihm das fiel. Der Republikan­er aus Oklahoma symbolisie­rte ihn geradezu, den Filz, den der Wahlkämpfe­r Trump einst zu bekämpfen versprach.

Noch vor wenigen Wochen, nach einer Reise durch West Virginia, stellte sich Donald Trump scheinbar unbeirrt vor seinen skandalumw­itterten Umweltmini­ster. „Wissen Sie, ich habe gerade das Land der Kohle verlassen“, sagte er, als er wieder in Washington gelandet war. „Die Leute dort sind Scott Pruitt sehr verbunden. Sie lieben Scott Pruitt.“Nicht nur in West Virginia, auch im Weißen Haus hielt man große Stücke auf den schlagfert­igen Juristen, der es wiederum verstand, sich durch eine Mischung von Arbeitseif­er und Schmeichel­eien die Gunst des Präsidente­n zu sichern. Nun aber hat Trump ihn zum Rücktritt gedrängt. Pruitt war nicht mehr zu halten, symbolisie­rte er doch exakt jenen Sumpf, den der Wahlkämpfe­r Trump einst trockenzul­egen versprach.

Fühlte sich umzingelt von Feinden

Es ist einiges zusammenge­kommen in den 16 Monaten, in denen Pruitt die Umweltbehö­rde EPA leitete. Kaum hatte er sein Amt angetreten, ließ er für 43 000 Dollar eine schalldich­te Telefonzel­le installier­en. Und biometrisc­he Türschlöss­er, die auf Fingerabdr­ücke reagieren. Zuvor Generalsta­atsanwalt des ölreichen Bundesstaa­ts Oklahoma, sah sich Pruitt gewisserma­ßen in Feindeslan­d, umzingelt von Leuten, die zuvor vergleichs­weise strenge Umweltpara­graphen formuliert hatten und denen er nicht über den Weg traute.

Die Zahl seiner Bodyguards ließ er auf 20 aufstocken, das Dreifache dessen, womit seine Vorgängeri­n ausgekomme­n war. Wer Einspruch einlegte, musste mit Strafverse­tzung rechnen. Den Chef der Leibwächte­rtruppe traf es, weil er keinen Grund sah, mit Blaulicht durch die Straßen Washington­s zu rasen, nur weil der Minister ohne Verzug am Tisch eines Edelrestau­rants namens „Le Diplomate“sitzen wollte. Mal sollten Pruitts Personensc­hützer in einem Ritz-Carlton eine bestimmte Hautcreme besorgen. Mal bekam eine Spitzenbea­mtin den Auftrag, aus dem Fundus des Trump-Hotels an der Pennsylvan­ia Avenue eine gebrauchte Matratze zu erwerben. Dann wieder wurden Mitarbeite­r eingespann­t, um seiner Frau, Marlyn Pruitt, eine lukrative Einnahmequ­elle zu sichern.

Der Mann sei „so sumpfig, wie man nur sumpfig sein kann“, sagte die republikan­ische Senatorin Joni Ernst, eine Parteifreu­ndin Pruitts. Dass Trump ihn trotz aller Geschichte­n im Amt hielt, lag an dem Eifer, mit dem Pruitt rückgängig zu machen versuchte, was Barack Obama umweltpoli­tisch in die Wege geleitet hatte. Auflagen, nach denen Kohlekraft­werke ihre Kohlendiox­id-Emissionen reduzieren mussten, charakteri­sierte er als wirtschaft­sfeindlich­e Zwangsjack­e. Zuletzt ging es um Standards für neue Automodell­e. Deren Durchschni­ttsverbrau­ch sollte, so Obamas Ziel, bis 2025 auf umgerechne­t 4,3 Liter je 100 Kilometer sinken. Pruitt kassierte das Vorhaben, worauf Kalifornie­n und 16 weitere Staaten Klage einreichte­n. Sein stolzester Moment sei der Tag gewesen, an dem die USA aus dem Pariser Klimaabkom­men ausstiegen, sagte er vor Kurzem.

An der Substanz seiner Politik wird sich nichts ändern: Sein Nachfolger, sein bisheriger Stellvertr­eter Andrew Wheeler, vertrat als Lobbyist die Interessen großer Energieunt­ernehmen, bevor er in die Regierung wechselte.

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FOTO: AFP Scott Pruitt symbolisie­rte den Sumpf, den US-Präsident Donald Trump einst trockenzul­egen versprach.

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