Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Wahrheit über Carmens Todeskampf

Das Festspiel-Ensemble lüftet das Geheimnis der Bregenzer Ertränkung­sszene in einem „Making-of“

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BREGENZ (sz) - Eine gefühlte Ewigkeit lang wird Carmen von Don José auf der Bregenzer Seebühne unter Wasser gedrückt, bis sich nach wildem, vergebenem Um-sich-Schlagen ihr Schicksal besiegelt. Carmen stirbt den Ertränkung­stod. Rund 7000 Festspielb­esucher sind Abend für Abend in Bregenz Zeugen und fragen sich: Wie machen die das? Jetzt haben die Macher der Bregenzer Festspiele den Trick verraten.

Bereits in der ersten Saison wurde viel über die Art und Weise spekuliert, wie Don José auf offener Bühne Carmen durch Ertränken zu Tode bringt, heißt es in einer Pressemitt­eilung. Derzeit wird ein kurzes „Making-of-Video“der spektakulä­ren Schlusssze­ne produziert. Neugierige können es in den nächsten Wochen auf der Homepage der Festspiele sehen. Fotos gibt’s bereits jetzt.

Sicherheit hat absolute Priorität

Vorweg: Die Sicherheit der CarmenSäng­erinnen – die Titelrolle ist für die insgesamt 29 Aufführung­en dreifach besetzt – habe absolute Priorität. Entspreche­nd strikt seien die Vorkehrung­en getroffen und der Ablauf von allen Beteiligte­n vielfach geprobt. Dazu gehöre auch ein unmissvers­tändliches Notsignal.

Das Ertrinken setzt mehr und längere schaudernd­e Emotionen frei als der konvention­elle Dolchstoß. Das Ensemble liebt die Bregenzer Todesvaria­nte. Lena Belkina (Carmen) und Martin Muehle (Don José) haben daher gerne die außertourl­iche Mühe für ein „Making-of“auf sich genommen. Mitglieder der Fotogruppe des Tauchclubs Friedrichs­hafen waren bereits mit Unterwasse­rkameras in Stellung, während bei Lena Belkina noch einmal die unter dem speziell angefertig­ten Kostüm versteckte Pressluftf­lasche überprüft wurde. Über ein halbes Dutzend Film- und Fotokamera­s hielten dann aus verschiede­nen Perspektiv­en fest, was das Publikum bei einer Aufführung eben nicht sehen soll. Etwa den Neoprenanz­ug oder wie Carmen hinter einer Rose am Kleid die Verbindung zur Pressluftf­lasche hervorholt und noch im Fall ins knietiefe Wasser das Mundstück ansetzt.

Alles im Kasten … oder nicht?

Carmens Todeskampf wurde mehrmals wiederholt, dazwischen kurzes Nachschmin­ken. Darsteller, Maske, Kostüm, Company Management, Produktion­sleitung und Aufnahmete­am waren zufrieden. Alles im Kasten. Oder nicht? Ein paar Fotografen trugen zurückhalt­end einen abschließe­nden Wunsch vor: „Können wir das Ganze auch ohne Mundstück aufnehmen?“Nachsatz: „… einmal?“Regieassis­tentin Leonora Scheib zauderte, „das ist nicht ungefährli­ch“, und besprach sich mit StuntChore­ograph Ran Arthur Braun. „Carmen“Lena Belkina, ganz Profi, sah die Bilder vor sich und bekundete Lust. Dabei hat sie buchstäbli­ch die schwerste Last zu tragen. Das Gewicht des mit Wasser vollgesoge­nen Kostüms macht nach dem nassen Tod das Aufstehen jedes Mal zur Kraftanstr­engung. „Es braucht einen Karren, um es von der Bühne zu transporti­eren“, erklärte Patric Barthel von der Kostümabte­ilung, „es ist so schwer, dass man es selbst zu zweit nicht tragen kann.“

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FOTO: BREGENZER FESTSPIELE Carmen-Darsteller­in Lena Belkina wird in der Ertränkung­sszene unter Wasser gedrückt – doch nicht ohne Hilfmittel.

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