Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
In Ravensburg steht kein Laden lange leer
Neue Geschäfte: In der Ober- und Unterstadt gibt es vor allem in Sachen Mode einige Veränderungen
RAVENSBURG - Online-Konkurrenz hin oder her: Die Ravensburger Innenstadt ist nach wie vor ein attraktives Pflaster – Kunden kaufen hier gerne ein, Händler lassen sich hier gerne nieder. Jedenfalls steht ein Laden in der Regel nicht lange leer. In der Unterstadt hat eben das BarfußSchuhgeschäft Leguano seine deutschlandweit 81. Filiale eröffnet. Und in der Oberstadt gibt’s bald einen zweiten Shop des Ostracher Modelabels Glücksstern.
„Die Stadt ist ständig in Bewegung“, konstatiert Eugen Müller, Geschäftsführer der Ravensburger Händlervereinigung Wifo. In der Tat: In der Adlerstraße 6 bespielt nun
Leguano 50 Quadratmeter. Weil „der Run auf die Schuhe unbeschreiblich ist“, wie Anja Schäffer von Leguano sagt, wollte die 2009 gegründete Firma aus St. Augustin unbedingt einen Laden in Ravensburg, „der wirtschaftlichen Mitte der Region“, eröffnen. Generell gehe man gern in Touristenstädte, so Schäffer weiter. Warum die Barfuß-Schuhe so gut ankommen? Möglicherweise, weil die Manufaktur „ausschließlich in Deutschland produziert“, mutmaßt Schäffer.
Auch bei König - Holzhandwerk und Raumkonzept wird hierzulande produziert: Möbel und Innenausstattung für Kunden, die im Showroom in der Eisenbahnstraße 13 gewonnen werden, stellt die Schreinerei in Bad Saulgau her. Nun kommt zum Ausstellungsraum, der auch als Planungsbüro dient, neben-an in der Eisenbahnstraße 15 noch eine weitere Präsentationsfläche dazu – mit Küche. Dort sollen künftig, so Uta König, auch Kunden-Events stattfinden. Eröffnet wird am kommenden Wochenende, zeitgleich mit dem Kunsthandwerkermarkt in der Unterstadt.
Auch die Jeans, Oberteile und Accessoires für Damen des Labels
Glücksstern, das bereits am südlichen Marienplatz eine Filiale hat, werden in Ostrach entworfen und in Europa produziert. Nun eröffnet ein weiterer Store in der Roßbachstraße 17 – auf den 120 Quadratmetern Ladenfläche, die 20 Jahre lang Pelz-Frede bespielt hat. „Wir hatten viele Interessenten“, sagt Michael Spöcker, der sich im Auftrag des Besitzers um die Vermietung kümmert. Klar, dank Gänsbühlcenter und H&M könne man in dieser Lage durchaus „ordentliche“Mieten verlangen. Das hat er aber gar nicht unbedingt im Sinn: Hauptsache, es findet sich ein vertrauenswürdiger Mieter, der langfristig bleibt – aus dem werde man dann auch nicht „den letzten Euro rauspressen“, verspricht Spöcker. Auch wenn Ursula und Georg
Frede ihren Pelzladen altershalber
aufgegeben haben: In der Weingartener Hähnlehofstraße 5 wird der Kürschnermeister weiterhin Pelzmäntel reparieren oder zu Kissen, Decken oder Hockerbezügen umarbeiten. Schließlich soll dem Ehepaar in der Rente nicht die Decke auf den Kopf fallen, wie Frede lächelnd sagt.
Ebenfalls mit Stoffen ist Liza Marie Herrmann zugange: In ihrer Modemanufaktur in der Herrenstraße
15 (dort, wo mal „Firle & Franz“drin war) entwirft und näht sie Unikate, Sonderanfertigungen oder Auftragsarbeiten, insbesondere aus fair gehandelten Öko-Stoffen. Außerdem upcycelt Herrmann: Unter dem Stichwort „Modemorphose“verwendet sie „gute Stoffe und Materialien“weiter und zaubert Röcke, TShirts oder Jacken daraus. Zur gemeinsamen Werkstatt gehört auch Sabine Müller mit ihrer Manufaktura Apollonia: Sie fertigt dort fairwear-zertifizierte Shirts mit liebevollen Botschaften drauf.
In der Suitery in der Oberen Breiten Straße 7 geht es in eine andere Richtung: Dort werden Anzüge, Hemden oder Schuhe für Herren maßgeschneidert. Den Betrieb gibt’s seit zwei Jahren, den Laden seit Ende Mai. Es hat eine Weile gedauert – aber inzwischen versorgen die beiden Unternehmer, die sich ihr Wissen selbst beigebracht haben, wie Florian Kreft erläutert, Politiker und Firmenvorstände bis in die Schweiz und nach Stuttgart mit dem entsprechenden Outfit. Auf den Geschmack gekommen ist der gelernte Feinmechaniker Kreft bei einer Vietnamreise: Als er dort wegen des Wetters festsaß, ließ er sich einen Anzug schneidern und fand den „individuellen Prozess“so toll, dass er eine Geschäftsidee draus gemacht hat.
Ein paar Häuser weiter steht das ehemalige Lattoflex-Domizil an der Ecke Obere Breiten/Eisenbahnstraße ebenso leer wie der Laden in der Unteren Breite Straße 13, in dem bis vor zwei Monaten das Modegeschäft
Finesse auf 140 Quadratmetern Bekleidung verkauft hat. Anfragen von Dönerbuden gab es zuhauf, doch die Eigentümer hätten dort – ebenso wie die Stadtverwaltung übrigens – lieber Einzelhandel.
Auch das Haus am nördlichen Marienplatz/Ecke Kirchstraße, in dem sich mal die AOK-Filiale befand, steht noch leer. Berndt Hochmann von Immobilien-Hochmann kann aber berichten, dass gerade die Tinte unterm Mietvertrag getrocknet ist – wenn er auch noch nicht verraten darf, mit wem. „Es wird eine Art teilgastronomische Nutzung geben“, verrät er. Wenn ein Mieter den Bettel hinwirft, findet sich Hochmanns Erfahrung nach in der Regel sehr schnell ein Nachfolger: „Ravensburg hat großen Zulauf.“