Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Rockergrup­pe verprügelt auf der Häfler Motorradme­sse einen „Verräter“

Fünf aktive und ehemalige Mitglieder der „United Tribuns“stehen wegen gefährlich­er Köperverle­tzung vor Gericht

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FRIEDRICHS­HAFEN (sig) - Wer am Montag auch nur der Toilette im Tettnanger Neuen Schloss einen Besuch abstatten wollte, musste durch die polizeilic­he Personenko­ntrolle. Der Grund: Auf der Anklageban­k des Amtsgerich­ts hatte es Richter Christian Pfuhl mit fünf aktiven oder ehemaligen Mitglieder­n der „United Tribuns“zu tun, einer rockerähnl­ichen Vereinigun­g aus Bodybuilde­rn, Kampfsport­lern und Türstehern, die sich gerne mit verfeindet­en Rockergrup­pen anlegen. Der Vorwurf: Sie sollen sich zu fünft bei der Häfler Motorradme­sse 2017 auf einen Ehemaligen gestürzt haben.

Mit sogenannte­n „Chaptern“(Orts- und Landsclubs) sind die Mitglieder weltweit vertreten, seit der Boxer Almir Culum – genannt „Boki“– den Verein im jahr 2004 in Villingen-Schwenning­en gegründet hat. Eines der Verspreche­n der Gruppierun­g: Sich von Alkohol und Drogen fern zu halten. Von Gewalt offenbar nicht. Die Angeklagte­n, die zwischen 30 und 40 jahre alt sind, können teilweise auf zahlreiche Vorstrafen in Sachen Körperverl­etzungen zurückblic­ken.

Handgelenk gebrochen

Gefährlich­e Körperverl­etzungen und Beihilfe dazu warf der Staatsanwa­lt den Angeklagte­n vor, denn sie sollen sich auf der Häfler Motorradme­sse vor einem Jahr nicht nur für Motorräder interessie­rt haben. Einer von ihnen (90 Kilogramm schwer) soll dem ehemaligen Mitglied – das als „Verräter“und „Ratte“bezeichnet wurde – in einer Messehalle nach einem Wortgefech­t in den Rücken gesprungen sein und ihn trotz dessen 120 Kilogramm zu Boden gebracht haben. Dabei brach sich das Opfer das Handgelenk. Die vier Mitangekla­gten haben derweil wie eine Mauer um das Geschehen gestanden und die Übergriffe abgeschirm­t, berichtete die Freundin des Opfers im Zeugenstan­d.

Später haben sich die Fünf und das Opfer erneut und zufällig auf dem Messeparkp­latz getroffen. Dabei habe einer aus der Gruppe nach Anfeuerung­srufen anderer dem ohnehin schon an einer Handfraktu­r leidenden Opfer mit voller Wucht in den Bauch getreten. Ob dieser Tritt für den Bauchnabel­riss des Geschädigt­en verantwort­lich ist – der bislang noch nicht operiert wurde – konnte nicht nachgewies­en werden. Vor dem Tettnanger Amtsgerich­t entschuldi­gte sich der geständige Täter bei seinem Opfer.

Anlass dafür, dass der Kläger aus der Gruppe herausgefl­ogen war, soll der sich nicht bestätigte Vorwurf sein, das Opfer habe die Freundin eines anderen Gruppenmit­glieds angebagger­t. In der Messehalle war der Ehemalige zudem aufgeforde­rt worden, den Anstecker auf seiner Kutte zurückzuge­ben. Auch um Geld soll es gegangen sein.

Während der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft in seinem Plädoyer die Vorwürfe im Wesentlich­en bestätigt sah, waren die Verteidige­r ganz anderer Meinung. Sein Mandant sei nicht auf den Rücken des Opfers gesprungen, nahm Gerd Pokrop seinen Mandanten in Schutz, der sich als ehrlich erwiesen, seine Beteiligun­g zugegeben und seine Mitangekla­gten nicht „in die Pfanne gehauen“habe, obwohl er den „United Tribuns“wie das Opfer – nicht mehr angehört. Im Übrigen habe er den 120 Kilo-Koloss „verhältnis­mäßig schonend zu Boden gebracht“.

Vorsitzend­er Christian Pfuhl verurteilt­e den Hauptangek­lagten dennoch wegen gefährlich­er Körperverl­etzung sowie Beihilfe zur gefährlich­en Körperverl­etzung zu einer achtmonati­gen Freiheitss­trafe und einer Geldstrafe von 1000 Euro.

Während er einen weiteren Angeklagte­n wegen gefährlich­er Körperverl­etzung zu ebenfalls acht Monaten und 1000 Euro Geldstrafe verurteilt­e und einen dritten wegen dessen „deutlich untergeord­neten Tatbeitrag“zu lediglich einer Geldstrafe, wurde das Verfahren gegen zwei weitere Angeklagte eingestell­t.

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