Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Einbeinig ins Finale
Wieso auch Frankreichs Samtfüße die Kroaten fürchten müssen
MOSKAU (SID) - Hunderttausende Kroaten feierten in Zagreb das „feurige Wunder“einer historischen Nacht, als Mario Mandzukic im 2000 Kilometer entfernten Moskau eine Warnung an alle Franzosen schickte. „Wir haben wie Löwen gespielt, und wir werden genauso im Finale auftreten“, kündigte der Halbfinal-Held an. Die Equipe Tricolore, der große Favorit am Sonntag (17 Uhr MESZ/ ZDF und Sky) im Luschniki-Stadion, darf sich einer Sache gewiss sein: Diese Kroaten werden der härteste Gegner auf dem Weg zum Goldpokal.
„Nur große Mannschaften sind so tapfer, wie wir es waren“, sagte Mandzukic, nachdem er die Vatreni, die Feurigen, in einer dramatischen Verlängerung gegen England zum 2:1 (1:1, 0:1) und damit ins Finale geschossen hatte. Zum dritten Mal in Serie holten die Kroaten einen Rückstand auf und versetzten ihr junges Land in einen Rausch, der noch tagelang anhalten wird. „Es ist das feurige Wunder“, schrieb „Jutarnji list“, und die Boulevardzeitung „24sata“forderte: „Weint, umarmt Euch, feiert!“Die Fans in der Heimat erleuchteten den Nachthimmel der Hauptstadt Zagreb mit roten Feuerfackeln.
Längst haben Mario Mandzukic, Ivan Perisic, Luka Modric und all die anderen großen Kämpfer das kleine Land mit den großen Problemen mitgerissen. Die ökonomischen Sorgen, die schwierigen Beziehungen zu den Nachbarn, Korruption und Vetternwirtschaft: Alles ist für ein paar Tage in den Hintergrund gerückt. Selbst Premierminister Andrej Plenkovic kam am Tag nach den Toren von Perisic (68.) und Mandzukic (109.) im Kroatien-Trikot zur Arbeit. 20 Jahre nach dem sensationellen dritten Platz in Frankreich brennt die Zuversicht lichterloh.
Dabei hatten sich die Kroaten gegen England lange durch die Partie geschleppt, waren müde dem frühen Rückstand durch Kieran Trippier (5.) hinterhergehechelt, Superstar Modric wirkte in seinem 55. Pflichtspiel der Saison ausgelaugt. Der nächste Rückstand schien zu viel zu sein. Doch dann zeigten die Kroaten ihr wahres Gesicht, das auch Frankreich fürchten dürfte. „Einige haben auf einem Bein gespielt“, sagte Nationaltrainer Zlatko Dalic: „Das zeigt Charakter. Keiner gab auf.“ Danijel Subasic
Allen voran Mandzukic und Perisic, einst in der Bundesliga aussortiert, kämpften wild entschlossen und erfolgreich um ihren Finaltraum. Mandzukic, der mit dem FC Bayern 2013 die Champions League gewonnen hatte, ehe ihn Pep Guardiola absägte, warf sich unerschrocken in jeden Zweikampf und spielte gar nach einem heftigen Zusammenprall mit Englands Torhüter Jordan Pickford weiter. Perisic, früher in Dortmund und Wolfsburg tätig, belohnte die Kroaten mit dem Ausgleichstor.
Überhaupt hat der kroatische Erfolgszug durch die WM in Russland eine deutliche schwarz-rot-goldene Färbung. Viele Mitglieder des Kaders mussten in den Neunzigerjahren wegen des Kroatienkrieges fliehen. Mandzukic oder auch Verteidiger Dejan Lovren verschlug es nach Deutschland. Einige von ihnen sprechen fließend deutsch, insgesamt zehn spielen oder spielten in der Bundesliga. Außer dem des Königlichen Luka Modric haben ihre Namen im Weltfußball zwar noch nicht den großen Klang, dafür sind sie im Team bislang unschlagbar.
„Kroatien brennt, aber wir sind noch längst nicht ausgebrannt“, sagte Torwart Danijel Subasic nach dem Feuerwerk von Moskau. Es war wieder eine Warnung an die Franzosen. Kylian Mbappe und Co. sollten sich in Acht nehmen vor den Mentalitätsmonstern vom Balkan.
„Kroatien brennt, aber wir sind noch längst nicht ausgebrannt.“