Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Umwelthilf­e will mehr Trinkwasse­rschutz erstreiten

- Von Petra Sorge, Berlin

Einen besseren Schutz des Grundwasse­rs vor Nitrat aus der Landwirtsc­haft will die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) erstreiten. Der Verein hat die Bundesregi­erung beim Oberverwal­tungsgeric­ht Berlin-Brandenbur­g verklagt. Unter allen 28 EU-Staaten weise Deutschlan­d die zweithöchs­te Belastung durch Nitrat auf. Nur in Malta sei das Grundwasse­r noch stärker belastet. Das geht aus dem Bericht der EU-Kommission zur Umsetzung der Nitratrich­tlinie vom Mai 2018 hervor, auf den sich die DUH beruft.

Wie groß ist das Problem?

Die Bundesregi­erung hatte im Nitratberi­cht 2016 eingeräumt, dass an 28 Prozent der Messstelle­n in Agrargebie­ten die EU-Grenzwerte von 50 Milligramm pro Liter im Grundwasse­r überschrit­ten werden. Als Hauptursac­he für die Belastung gilt laut Deutscher Umwelthilf­e der Einsatz von Gülle oder Mineraldün­ger in der Landwirtsc­haft. In den Landkreise­n Biberach und Sigmaringe­n liegen die Nitratwert­e im Grundwasse­r teils über den EU-Grenzwerte­n.

Die Bundesregi­erung hatte 2017 schärfere Düngeregel­n eingeführt, was ist damit?

Messwerte zu den verschärft­en Düngeregel­n liegen noch nicht vor. Das Bundesumwe­ltminister­ium hatte mit dem „Nationalen Aktionspro­gramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreini­gung durch Nitrat“eine entspreche­nde EU-Richtlinie umgesetzt. Kernelemen­t war die Reform des Düngerecht­s. Landwirte und Mastbetrie­be müssen seitdem zahlreiche Vorschrift­en beachten, um den Schadstoff­eintrag im Boden zu verringern. Die DUH hält die Maßnahmen für nicht weitgehend genug.

Was will die Deutsche Umwelthilf­e mit der Klage erreichen?

Die Deutsche Umwelthilf­e richtet ihre Grundsatzk­lage stellvertr­etend gegen das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um von Julia Klöckner (CDU) – und ist damit nach der EU-Kommission der zweite Kläger gegen die Bundesrepu­blik. Ziel ist eine Überarbeit­ung des Nationalen Aktionspro­gramms und damit des deutschen Düngerecht­s, sodass die NitratGren­zwerte überall wieder eingehalte­n werden. Die Kläger fordern auch eine Verringeru­ng des Stickstoff­und Phosphorei­ntrags in der Landwirtsc­haft.

Was droht der Bundesrepu­blik?

Sollte das Gericht die Klage annehmen, wird mit einem Urteil in der zweiten Jahreshälf­te 2019 gerechnet. Wenn die Richter eine Revision zulassen, ist der Gang zum Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig und dann zum Europäisch­en Gerichtsho­f denkbar. Im Erfolgsfal­l drohen der Bundesregi­erung Strafzahlu­ngen.

Was sagt die Opposition?

Anton Hofreiter, Vorsitzend­er der Bundestags­fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sprach von einem „Weckruf“für Klöckner und Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD). „Das Alibiprogr­amm der Bundesregi­erung zum Gewässersc­hutz wird unser Grundwasse­r und unsere Bäche nicht vor der Gülleund Düngerflut aus der Agroindust­rie schützen.“Die Bundesregi­erung müsse „endlich entschiede­n“gegen die Nitrat-Einträge vorgehen, forderte der Grünen-Politiker.

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