Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
50 Jahre alt und im Aufbruch
Die evangelische Bonhoeffergemeinde und ihre beiden Kindergärten schauen im Jubiläumsjahr nach vorn
FRIEDRICHSHAFEN - Die evangelische Bonhoeffergemeinde kann 2018 ein dreifaches Jubiläum feiern: Nicht nur die Kirchengemeinde wird 50 Jahre alt, sondern auch die zugehörigen Kindergärten: der BonhoefferKindergarten und das Kinderhaus Habakuk.
„Ich erlebe uns als Institutionen im Aufbruch“, sagt Pfarrer Hannes Bauer. Deshalb schaut er zu den Jubiläen auch lieber nach vorn als zurück. Das bedeutet auch, sich Problemen zu stellen. „Vor 50 Jahren gab es 3000 Gemeindemitglieder. Heute ist es noch etwa die Hälfte“, sagt Bauer. Damals war die Bonhoefferkirche die jüngste, aber zugleich die größte evangelische Gemeinde, denn junge Familien wurden gezielt in der Kitzenwiese und im Schreienesch angesiedelt. Heute profitiert die Gemeinde davon nicht mehr – aber der Bonhoeffer-Kindergarten und das Kinderhaus Habakuk mit seinen zusammen 145 Plätzen werden immer begehrter. Eltern erwarten immer längere Öffnungszeiten und auch die Kinder werden immer jünger zur Betreuung gegeben. „Früher kamen die Kinder mit dreieinhalb Jahren, jetzt nehmen wir sie mit zwei“, sagt Karin Merk-Guggemos. Sie leitet den Bonhoeffer-Kindergarten seit 39 Jahren. Ihre Kollegin Sylvia Rambow, seit 30 Jahren Leiterin des Kinderhauses Habakuk, stimmt zu: „Wir machen inzwischen ausschließlich Ganztagsbetreuung.“
Erzieher sind Mangelware
Mit den Anforderungen steigen die Ausgaben fürs Personal, aber auch hinsichtlich der Infrastruktur: „Ein Kind, das ganztags da ist, braucht einen Schlafplatz, eine voll funktionierende Küche und es muss versorgt werden“, fasst Hannes Bauer zusammen. Das Problem dabei: „Die Anforderungen an die Rahmenbedingungen steigen und steigen, aber das Personal wird weniger und weniger.“Denn es gibt schlichtweg kein Personal mehr. Wenn doch noch Erzieher zu gewinnen sind, dann nur, weil die beiden Einrichtungen als attraktiv gelten – mit guten pädagogischen Konzepten und funktionierenden Leitungen. Darüber hinaus versuchen Kindergarten und Kinderhaus dem Mangel zu begegnen, indem Erzieherinnen und Erzieherinnen verstärkt selbst ausgebildet werden – in der Hoffnung, sie so an die Häuser zu binden. Einfach ist das nicht: „Die Ausbildung dauert vier Jahre, drei Jahre davon verdient man nichts und das Einstiegsgehalt ist niedrig“, sagt Sylvia Rambow. Viele spezialisieren sich nach der Ausbildung auf Ergotherapie, Einzelförderung oder Logopädie, wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten.
Hannes Bauer ist stolz auf die enge Beziehung zwischen den Kindergärten und der Kirchengemeinde. Ein großer Teil der Kinder stammt zwar aus konfessionslosen Familien, ein kleinerer aus muslimischen – aber der christlichen Religionspädagogik tut das keinen Abbruch. Einmal im Monat finden kreativ gestaltete Kindergottesdienste statt, zudem gibt es fünf Familiengottesdienste im Jahr. Vor dem Mittagessen wird mit den Kindern gebetet. „Wir halten mit der christlichen Prägung nicht hinterm Berg. Wichtig ist nur, dass wir das den Eltern rechtzeitig klar machen“, sagt Sylvia Rambow. Auf Widerstände stoßen sie auf diese Weise nicht.
Beide Kindergärten setzen auf ein Miteinander von Jung und Alt. Die Kinder bereichern die Seniorennachmittage und das Sommerfest der Gemeinde mit ihren Auftritten, Hannes Bauer gestaltet im Kinderhaus Habakuk Gottesdienste, die auch von den Bewohnern des Maybachstifts besucht werden. Mit der benachbarten Sprachheilschule arbeiten die Kindergärten ebenfalls eng zusammen, wenn sie bei einem Kind Förderbedarf feststellen. Die beiden Kindergärten werden regelmäßig qualitätszertifiziert. „Unser Qualitätsmanagement hat Leuchtturmcharakter in ganz Oberschwaben“, sagt Hannes Bauer. Der Pfarrer ist in der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde zugleich auch Geschäftsführer für den Bereich Kindertagesstätten.