Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Kunst der Grätsche

Experten trauen Philipp Lahm starke Rolle beim DFB zu

-

MÜNCHEN (fil/SID) - Die Saat könnte aufgehen. Die ersten Experten haben sich auf die Seite von Philipp Lahm geschlagen, der sich letzten Donnerstag überrasche­nd zum Chefmahner des deutschen Fußballs aufgeschwu­ngen hat.

Ottmar Hitzfeld und Felix Magath trauen ihrem früheren Spieler beim FC Bayern München zu, beim Neuaufbau der Nationalma­nnschaft eine tragende Rolle einzunehme­n. „Philipp war immer ein Perfektion­ist, der an die Leistungsg­renze gegangen ist und ein Vorbild innerhalb der Mannschaft war. Mit seinem Ehrgeiz und seiner Kompetenz könnte er weiterhelf­en“, sagte Hitzfeld bei Sport1.

Magath ergänzte dort: „Er hat genügend Erfahrung im Fußball gesammelt. Nicht nur der Bundesliga, sondern auch der Nationalma­nnschaft würde ein Philipp Lahm daher gut tun.“Lahm sei jemand, „der nicht nur Fußball gesehen hat, sondern Fußball auch auf höchstem Niveau gespielt hat“, betonte Magath: „Ich glaube, das wäre insgesamt für den deutschen Fußball nur hilfreich.“

Lahm hatte sich in den vergangene­n Tagen mit Kritik am Führungsst­il von Bundestrai­ner Joachim Löw für höhere Aufgaben empfohlen. „Das kann man definitiv so sehen“, sagte er der ARD auf die Frage, ob er einen Posten beim DFB anstrebe. Derzeit ist für den Verband als Botschafte­r der EM-Bewerbung 2024 tätig.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Lahm überrasche­nd zu Amt und Ehren kommt. Das Gefühl für den richtigen Zeitpunkt und eine beinahe chirurgisc­he Präzison in seinen Aktionen waren schon Markenzeic­hen des Fußballspi­elers Philipp Lahm. Der Weltmeiste­rkapitän habe „das Tackling neu erfunden“, schrieb das Magazin „11 Freunde“einst über den 34-Jährigen.

Im richigen Moment zu grätschen ohne böse zu foulen, das beherrscht­e Lahm nicht nur auf dem Platz. Frag nach bei Michael Ballack, der 2010 seine Kapitänsbi­nde für die WM verletzung­sbedingt an Lahm verlieh – und sie nie mehr wiederbeka­m. Frag nach bei den Verantwort­lichen des FC Bayern München, denen er 2009 in einem Interview in der „Süddeutsch­en Zeitung“eine konzeptlos­e Einkaufspo­litik vorwarf. Das brachte ihm zwar eine Rekordstra­fe von 50 000 Euro ein – aber brachte ihm auf lange Sicht Respekt und das Kapitänsam­t ein – und dem FC Bayern das Triple und Pep Guardiola.

„Ich bin kein Mensch, der Ärger sucht. Aber ich nehme Ärger in Kauf, wenn ich etwas damit bewirken kann“, ließ Lahm einst seinen Ghostwrite­r in sein Buch „Der feine Unterschie­d“schreiben. Jetzt, da Löw sich nach dem WM-Desaster erst einmal einen ausgedehnt­en Urlaub gönnt und die restliche Führungssp­itze des DFB die Schuld vor allem bei Mesut Özil sucht, könnte ein neuer Chefmahner richtig viel bewirken.

 ?? FOTO: DPA ?? Philipp Lahm
FOTO: DPA Philipp Lahm

Newspapers in German

Newspapers from Germany