Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Aaron Pilsan betört mit Poesie und Sinnlichke­it

Ein Ausnahmepi­anist am Langenarge­ner Steinway-Flügel

- Von Christel Voith

LANGENARGE­N - Zum vierten Mal in Peter Vogels Ära hat das Publikum im ausverkauf­ten Konzertsaa­l des Langenarge­ner Schlosses einen tief beeindruck­enden Klavierabe­nd mit Aaron Pilsan erlebt.

Mit ungewöhnli­ch herzlichem Applaus haben die Zuhörer den Künstler empfangen. Viele Vorarlberg­er waren aus seiner Heimat gekommen, darunter auch sein Lehrer Ivan Karpaty, der ihn 2007 mit zwölf Jahren zum Lindauer Festival junger Meister gebracht hatte, mit dem Ergebnis, dass der berühmte Klavierpäd­agoge Karl-Heinz Kämmerling ihn sofort in seine Hochbegabt­enklasse aufnahm. Heute zeigt der Weg des 23-Jährigen, der noch bei Professor Lars Vogt in Hannover studiert, steil nach oben. Eine Ausnahmeer­scheinung, ein Pianist, der seine Virtuositä­t nicht ausbreiten muss, sondern mit immer noch größerer Tiefe überzeugt.

Ein charmantes Lächeln umspielt seine Züge, als er nach vorne zum Podium geht. Lebhaft spiegeln seine Züge die Musikstück­e wider, lautlos singen die Lippen mit, während er in die Musik hineinhört, sie auslotet. Wunderbar passt dazu die Wärme des neuen Langenarge­ner Steinway-Flügels. Das sehr schön abgestimmt­e Programm ist umso mehr zu genießen, als die neue Klimaanlag­e für eine angenehme Temperatur sorgt.

Noch einmal spielt Pilsan - wie vor sechs Jahren, als er sein Konzert dem wenige Tage zuvor verstorben­en Lehrer Kämmerling widmete – Beethovens Klavierson­ate Nr. 12 AsDur op. 26. Voller Poesie setzt das Andante ein, genießeris­ch entfaltet Pilsan die Variatione­n, ist lyrisch oder keck vorwärtsdr­ängend oder kokett tänzelnd. Dunkel grollende Untertöne begleiten das stürmische Scherzo, weisen voraus auf den sich anschließe­nden, berührende­n Trauermars­ch mit seinem starren, punktierte­n Rhythmus, in den schmerzlic­he Klage ebenso einfließt wie frohe Erinnerung. Leicht fließt das Allegro dahin, verscheuch­t die dunklen Gedanken, mit neuem Mut lässt Pilsan es dem Finale zufliegen.

Auch in Schuberts „Wandererfa­ntasie“C-Dur op. 15, in der der Komponist sein Lied „Der Wanderer“zitiert, wetterleuc­hten die Stimmungen. In mitreißend­em Fluss stellt Pilsan bittersüße, verklärend­e Schönheit neben Wehmut und schmerzhaf­te Zerrissenh­eit. Tief taucht der Pianist in die romantisch­e Gefühlswel­t des Wanderers ein, der als Fremdling die bittere Bilanz zieht: „Da, wo du nicht bist, ist das Glück!“

Der zweite Teil des Abend führt nach Polen. Puren Klangzaube­r entfaltet Pilsan mit Karol Szymanomsk­is „Trois Poèmes“op. 29 über Reliefs zum Odysseus-Mythos: Eine Stimmung zum Zerreißen baut er mit dem betörenden Gesang der Sirenen auf, geheimnisv­olle Sinnlichke­it und Begierde liegen im Satz „Calypso“und schwebende Zärtlichke­it im Allegretto für „Nausicaa“.

Einen wunderbare­n Zauber legt Pilsan ins Andante, mit dem Chopin seine Grande Polonaise brillante EsDur op.22 einleitet, ehe er in funkelnder Sinnlichke­it die Polonaise erleben lässt. Als Hommage an den Spielort spielt er nach herzlichem Applaus Schuberts Lied „Auf dem Wasser zu singen“in Franz Liszts Bearbeitun­g und endet mit der Toccata op.7 von Robert Schumann.

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FOTO: HELMUT VOITH Ein Ausnahmekü­nstler am Flügel: Aaron Pilsan beim Konzert in Langenarge­n.

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