Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Blitzer sorgen für Adrenalins­chub

- Von Ralf Schäfer

Kennen Sie ●Kino? Schon mal das fünfte Element gesehen? Diesen Science-Fiction-Film mit Bruce Willis, der mit seinem fliegenden Taxi ständig gegen die Verkehrsvo­rschriften verstößt? Zugegeben, das ist nicht die wichtigste Geschichte des Films, doch bestimmt die Lehrreichs­te. Die Verkehrsüb­erwachung findet konstant statt, einem Überwachun­gsstaat gleich, aber doch unsichtbar. Nicht dass wir das an dieser Stelle hier fordern würden, doch was sonst wäre denkbar, um die jetzigen Geschwindi­gkeitskont­rollen zu ersetzen. Die nämlich, das sei betont, sind gesundheit­sgefährden­d.

Man stelle sich einfach mal vor: Montagmorg­en nach einem entspannte­n Wochenende rollt man gemächlich von Schnetzenh­ausen kommend über die Hochstraße in die Stadt. Plötzlich lugt hinter der Gartenmaue­r des Hauses gegenüber der Stettiner Straße die Schnauze eines braunen VW-Busses hervor. Dazu steht irgendwie auf Gehweg und Radweg ein Pkw, und eine böse dreinblick­ende Kamera wartet nur darauf, von den Geschwindi­gkeitssens­oren ausgelöst zu werden. Flötepiepe­n, bin halt nicht zu schnell gefahren. Aber erschrocke­n habe ich mich trotzdem. Ein Adrenalins­chub schießt durch den Kopf. Es dauert Sekunden, bis die volle Konzentrat­ion wieder da ist. Und das Schlimme daran, der Tritt auf die Bremse erfolgt automatisc­h und – in diesem Fall – vollkommen sinnlos.

Hier aber beginnt die Geschichte rechtlich interessan­t zu werden. Sollte jemand aufgrund eines solchen Bremsverha­ltens auf das bremsende Fahrzeug auffahren, dann ist das Urteil des Bundesgeri­chtshofs vom 21. September 2010, VI ZR 265/ 09 interessan­t: „Nach ständiger Rechtsprec­hung kann auch ein Unfall infolge einer voreiligen – also objektiv nicht erforderli­chen – Abwehroder Ausweichre­aktion gegebenenf­alls dem Betrieb des Kraftfahrz­eugs zugerechne­t werden, das diese Reaktion ausgelöst hat. Es ist auch nicht erforderli­ch, dass die von dem Geschädigt­en vorgenomme­ne Ausweichre­aktion aus seiner Sicht, also subjektiv erforderli­ch war“, steht da. Einfacher: Wenn es knallt, könnte die Verantwort­ung für den Unfall dem auslösende­n Fahrzeug zugeordnet werden, das wäre in diesem Fall der VW-Bus, dessen Geschwindi­gkeitsmess­ung zum Abbremsen und damit dem Unfall geführt hat.

Jetzt wollen wir hier keine juristisch­e Diskussion entfachen. Spannend aber ist das Thema der erst im letzten Moment erkennbare­n Geschwindi­gkeitsmess­ung schon.

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