Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Rumänen setzen Zeugen unter Druck
Mann will im Mordfall Zech trotzdem aussagen – Weitere Zeugin ist verschwunden
LINDAU - Er könnte so etwas wie der Kronzeuge im Mordfall Zech sein: Der Mann, der mit dem 37-jährigen Hauptangeklagten im Gefängnis saß. Nun haben drei Männer offenbar versucht ihn einzuschüchtern, bevor er heute, Dienstag, aussagt. Eine weitere Zeugin ist verschwunden. Trotzdem zeichnet sich vor dem Kemptener Landgericht ein immer deutlicheres Bild davon, was sich am Tattag abgespielt hat.
Als er in Untersuchungshaft saß, soll der 37-jährige Rumäne seinem Zellennachbarn gestanden haben, dass er in der Nacht zum 9. März 2017 in das ehemalige Bahnwärterhäuschen in Zech eingebrochen ist, den 76-jährigen Bewohner getötet hat und das Haus daraufhin in Brand gesteckt hat. Dass dieser Zellennachbar als Zeuge vorgeladen ist, hatte bereits am ersten Verhandlungstag vergangene Woche für Diskussionen gesorgt.
Die vier Anwälte der beiden Angeklagten legten Widerspruch dagegen ein. Sie warfen der Polizei vor, den Zeugen mit 50 Euro für Zigaretten und Lebensmittel bestochen zu haben. Richter Gunther Schatz hatte einen solchen Antrag bereits erwartet, wie er vergangene Woche sagte. „Ob ein Verfahrensfehler vorliegt, muss aus dem Verfahren geklärt werden“, sagte er. „Dafür müssen alle Zeugen vernommen werden.“
Das wollten drei rumänische Männer, die laut Schatz wahrscheinlich zur selben Bettlergruppe gehören wie die beiden Angeklagten, nun aber offenbar verhindern. „Sie haben die Frau des Zeugen aufgesucht“, sagte der vorsitzende Richter des Schwurgerichts zu Beginn des zweiten Verhandlungstags am Montag. „Wo ist der Schwanz?“, sollen sie gefragt haben – und damit sowohl der Frau als auch dem Zeugen Angst eingejagt haben. Ganz aufgegangen ist ihr Plan aber offenbar nicht: Der Zeuge will trotzdem aussagen.
Nicht wie vorgeladen erschienen ist hingegen eine Zeugin, die aufklären sollte, wo sich der mutmaßliche Mörder in den Tagen vor und nach der Tat aufgehalten hat. Sie hatte ihm immer wieder ein Zimmer vermietet, allerdings ist unklar, ob der 37Jährige dort auch direkt nach der Tat geschlafen hat.
Die Frau war für den Montagvormittag geladen. Als sie nicht erschien, schickte Richter Schatz die Polizei zu ihrer Adresse. Es stellte sich heraus, dass die Frau mittlerweile zweimal umgezogen ist – ihre aktuelle Adresse konnte die Polizei am Montag nicht herausfinden. Dafür ist nun ziemlich sicher, dass der Hauptangeklagte am Abend vor der Tat in der Nähe des Bahnwärterhäuschens war.
Zwei Verkäufer eines Geschäfts in der Nähe der Eichwaldstraße hatten ihn als den Mann identifiziert, der kurz vor Ladenschluss in ihr Geschäft gekommen war. Die beiden hatten sich nach einem Zeugenaufruf in der Schwäbischen Zeitung bei der Polizei gemeldet. „Er hatte so böse Augen. Ich habe noch nie so böse Augen gesehen“, sagte die Verkäuferin.
Der 37-jährige Mann sei um den Laden herumgeschlichen und habe geraucht. Gekauft habe er nichts. „Ich habe noch gescherzt und zu meinem Kollegen gesagt, er soll sich das Gesicht merken“, sagte die Zeugin. Damals dachte sie, der Angeklagte, der auffällig stark nach Alkohol roch, wolle aus ihrem Geschäft etwas stehlen. Irgendwann sei der Mann dann in Richtung Bahnwärterhäuschen davongelaufen.
Unberechtigt war die Angst der Verkäuferin nicht. Denn der 37-jährige Angeklagte war seit er 15 Jahre alt war immer wieder wegen Diebstahls und Raubüberfällen verurteilt worden. In Rumänien hatte er Autos geknackt und war in Häuser eingebrochen. Er hatte Radios, Kassetten, Rollschuhe, Frostschutzmittel, Eheringe, Schafe, Lämmer und Pferde gestohlen. Einmal war er in ein Haus eingebrochen, hatte sich im Schlafzimmer unterm Bett versteckt, einer Frau aufgelauert und sie vergewaltigt. Für seine Verbrechen war der Mann, der nur sechs Jahre die Schule besucht hat, in Rumänien schon mehrere Jahre im Gefängnis gesessen. Auch in Deutschland wurde er bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er hat versucht, eine Joggerin zu vergewaltigen.