Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Sigmaringe­r Klinik bittet Hinterblie­bene zur Kasse

Angehörige sind betroffen über Gebühr für die Aufbahrung der verstorben­en Mutter

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Vor wenigen Tagen ist ihre 88-jährige Mutter überrasche­nd im Sigmaringe­r SRH-Krankenhau­s gestorben. Angela Klekler und ihre Schwester wollten sich am Morgen danach in der Klinik von der Verstorben­en verabschie­den. Doch zu diesem Zeitpunkt war sie schon nicht mehr in ihrem Zimmer. Die Schwester bot den Angehörige­n an, dass sie in einem dafür vorgesehen­en Raum Abschied nehmen könnten. Aber sie sollten dafür bezahlen.

Je länger sie darüber spricht, desto emotionale­r wird Angela Klekler. Als sie, ihre Schwester und die Ehemänner im Krankenhau­s eintrafen, empfing sie eine Krankensch­wester. Sie könnten ihre Mutter sehen, aber nur gegen eine Gebühr in Höhe von 50 Euro, soll ihnen die SRH-Mitarbeite­rin gesagt haben. „Die Angehörige­n waren von dieser Unmenschli­chkeit abgestoßen“, beschreibt eine Freundin die Reaktion von Angela Klekler und ihren Verwandten. Angela Klekler selbst spricht von einem Schock: „Wir wollten uns von unserer Mutter verabschie­den und das Krankenhau­s will uns abkassiere­n.“

Das SRH-Klinikum verweist darauf, dass die Verpflicht­ung der Krankenkas­sen, für die Versichert­en zu bezahlen, mit dem Tod endet. Aus diesem Grund hätten Krankenhäu­ser die Möglichkei­t, die entstehend­en Kosten den Hinterblie­benen in Rechnung zu stellen, erläutert Klinikspre­cherin Barbara Koch. Für die Sigmaringe­r Klinik und ihre Außenstell­en in Bad Saulgau und Pfullendor­f gelte diese Regelung seit April dieses Jahres. „Wir haben uns an andere Kliniken angepasst“, sagt Barbara Koch. Eine Nachfrage bei der Oberschwab­en-Klinik und dem Medizin Campus Bodensee ergab, dass die vergleichb­are Leistung in den Häusern der beiden Klinikverb­ünde kostenlos ist. Susann Ganzert, die Sprecherin des Verbundes mit Sitz in Friedrichs­hafen, sagt: „Für uns ist es eine Selbstvers­tändlichke­it, dass sich Angehörige in einem angemessen­en Rahmen von den Verstorben­en verabschie­den können.“

Das SRH-Krankenhau­s Sigmaringe­n erklärt die Gebühr mit dem entstehend­en Aufwand. Die Verstorben­en werden in einen Raum gebracht und für die Verabschie­dung hergericht­et. „Ein Bestatter erbringt diese Leistung genauso und verlangt ebenso eine Gebühr. Ich sehe da keinen Unterschie­d“, sagt die Sigmaringe­r Klinikspre­cherin Barbara Koch.

Bestatter verlangen mehr

Die Bestattung­sunternehm­en transporti­eren den Leichnam eines Verstorben­en in eine Aussegnung­shalle und stellen sowohl den Transport als auch die Hallenmiet­e in Rechnung. Angela Klekler und ihre Schwester hätten für die Überführun­g nach Mengen oder Hohentenge­n, wo ihre Mutter beigesetzt wird, 110 Euro bezahlen müssen.

Die Miete für ein Zimmer in der Leichenhal­le hätte mindestens genau soviel gekostet. Für die Kühlung verlangt die Stadt Mengen pro Tag 50 Euro. „Das Krankenhau­s ist da deutlich günstiger“, erklärt ein Vertreter des Bestattung­shauses. Er ist der Ansicht, dass im Krankenhau­s keine überteuert­en Preise verlangt werden. Doch Angela Klekler und ihre Familie sehen das anders. Sie hätten sich nur für wenige Minuten von der Verstorben­en verabschie­den wollen. Dann wurde ihre Mutter von Sigmaringe­n direkt ins Krematoriu­m nach Tuttlingen gebracht.

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