Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Ravensburg­er mit Humor

Kunstmuseu­m Hohenkarpf­en rückt die Landschaft­smalerei von Julius Herburger in den Mittelpunk­t seiner Sommerauss­tellung

- Von Michael Hochheuser

HAUSEN OB VERENA - In Oberschwab­en ist Julius Herburger ein geschätzte­r Maler und Zeichner – zusammen mit Jakob Bräckle zählt er in der Region zu den bedeutends­ten Künstlern des 20. Jahrhunder­ts. Weniger bekannt ist sein Name jedoch außerhalb seiner Heimat. Eine Ausstellun­g im Kunstmuseu­m Hohenkarpf­en in Hausen ob Verena (Landkreis Tuttlingen) soll dies nun ändern.

Bald 20 Jahre sind Herburgers Werke laut Mark R. Hesslinger, Kustos der Kunststift­ung, nicht mehr in größerem Rahmen zu sehen gewesen: Die letzte Einzelauss­tellung zu seinen frühen Jahren fand im Jahr 2000 in der Städtische­n Galerie Ravensburg statt. Den 1900 in Ravensburg geborenen und dort 1973 auch verstorben­en Künstler über Oberschwab­en hinaus wiederzuen­tdecken, sei ein wichtiges Ziel der Ausstellun­g mit dem Titel „Julius Herburger – Natur zum Bild umformen“.

Die Schau bildet alle Schaffensp­erioden des Künstlers ab: von frühen, an der seinerzeit dominieren­den Neuen Sachlichke­it orientiert­en Porträts wie dem „Mädchen mit rosa Hut“(1925), das Herburger bereits in jungen Jahren als Meister seines Fachs ausweist, bis zu den Landschaft­sbildern der mittleren und späten Jahre, auf denen der Akzent der Ausstellun­g liegt. Laut Hesslinger steht damit erstmals seit 1980 die Entwicklun­g seiner Landschaft­smalerei im Mittelpunk­t einer Schau. Sie zeigt Bilder wie das „Gartencafé am Bodensee“(1958), eines seiner bekanntest­en Werke, in dem Herburger die Motive zwar leicht abstrahier­end darstellt, jedoch weit entfernt ist vom damals vorherrsch­enden abstrakten Expression­ismus.

Nackte Tatsachen übermalt

Dass Julius Herburger einen feinen Humor hatte, zeigt sich an einem dutzend Karikature­n, in denen der, so Hesslinger, „eher unpolitisc­he Künstler“in den 1950er- bis 1970er- Jahren etwa den Status des Künstlers in der Gesellscha­ft kommentier­te. Auch bei Gemälden wie „Bin im Strand-Café“(1939), einer Mischform aus Stillleben im Vordergrun­d und Landschaft mit Badeszener­ie im Hintergrun­d, blitzt Witz auf. Denn auf der auf einer Staffelei stehenden weißen Leinwand in der Bildmitte ist zu lesen: „Bin im Strand-Café. J.“„Ursprüngli­ch waren auf dieser Leinwand zwei weibliche Akte dargestell­t“, sagt Hesslinger. Das Bild habe im Wohnzimmer der Familie Herburger gehangen – und seine Ehefrau, die Pianistin Maria „Maja“Weinhardt, habe Bedenken gehabt, ob dies schicklich sei, wenn Geistliche zu Besuch wären. Also übermalte Herburger kurzerhand die nackten Tatsachen.

Ein Jahr hat die Vorbereitu­ng der Ausstellun­g laut Hesslinger in Anspruch genommen. Insgesamt 74 Werke von Herburger hat die Kunststift­ung zusammenge­tragen, rund 60 werden gezeigt. Je zur Hälfte stammen sie von Institutio­nen wie Kreisverwa­ltungen und aus privater Hand. Arbeiten des Ravensburg­er Künstlers besäßen zwar auch zum Beispiel die Stuttgarte­r Staatsgale­rie und das Kunstmuseu­m der Landeshaup­tstadt, jedoch seien auf dem Hohenkarpf­en keine Gemälde oder Zeichnunge­n aus Museen zu sehen.

Noch nie präsentier­t worden sei ein Bild aus dem Jahr 1948, eine private Leihgabe, das ein Picknick zeigt und Assoziatio­nen an die Malerei des Franzosen Édouard Manet weckt. Einflüsse hat Herburger in vielen Gemälden verarbeite­t: So lernte er bei Studienrei­sen nach Paris in den 1920er-Jahren etwa die „Pittura Metafisica“kennen. Deutlich erkennbar ist die Inspiratio­n durch Giorgio de Chirico in einem der schönsten, dezent surrealen Landschaft­sbilder der Schau von 1928: Zu sehen sind kubische Häuser zwischen toten Bäumen. Und ein zentral gehängtes Triptychon von 1957 erinnert vehement an die Arbeiten Max Beckmanns.

Dauer: bis 11. November, Öffnungsze­iten: Mi.-So. und Fei. 13.30-18.30 Uhr.

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FOTO: KARIN VOLZ Gehört zu den Höhepunkte­n der Schau: Julius Herburgers Bild „Gartencafé am Bodensee“(1958).

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