Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Doppel-Double und junge Wilde
Felix Magath, als Spieler ein Zauberfuß, als Trainer ein Freund von Fitness und Disziplin, wird 65 Jahre alt
HAMBURG (SID/dpa/sz) - „Quälix aus Schmerzlake“nannten ihn die Profis, wenn Felix Magath sie wieder einmal zur Saisonvorbereitung im kleinen Herzlake im Emsland versammelte. Und der Europameister von 1980 antwortete dann gern mit einem Bonmot: „Qualität kommt von Qual.“Am Donnerstag wird der langjährige Bundesligatrainer 65 Jahre alt.
Auf dem Spielfeld war der gebürtige Aschaffenburger selbst alles andere als ein Konditionswunder – und auch kein kampfstarker Eisenfuß. Felix Magath gehörte zur mittlerweile weitgehend ausgestorbenen Spezies der Mittelfeldregisseure. „Er konnte mit seinen Zauberfüßen die Bälle streicheln“, sagte Ernst Happel, fünf Jahre lang sein Trainer beim Hamburger SV. Mit diesen Qualitäten wurde Felix Magath zweimal Vizeweltmeister, eben Europameister, dreimal deutscher Meister und gewann den Europapokal der Pokalsieger. Doch unsterblich machte den Schach-Liebhaber – zumindest in Hamburg – ein für ihn untypisch kerniger Distanzschuss. Mit ihm überwand er die Torwartlegende Dino Zoff und bescherte dem HSV so einen 1:0-Sieg im Finale des Landesmeister-Cups 1983 gegen Juventus Turin. „Ich bin ja nicht der große Romantiker, aber dieses Tor wird mich natürlich ein Leben lang begleiten“, sagte Felix Magath einmal.
Seine harte Seite offenbarte er regelmäßig in seinem zweiten Fußballerleben als Trainer. Mehr als ein Dutzend Stationen graste er nach einem kurzen Intermezzo als Manager binnen eines Vierteljahrhunderts ab, höchst selten erreichte er dabei sein Vertragsende. Doch Erfolge waren Felix Magath nicht abzusprechen. Als Trainer beim FC Bayern München gelang es ihm – als bislang einzigem Bundesliga-Coach –, zweimal in Folge das Double zu holen. Und der Meistertitel mit dem VfL Wolfsburg 2009 war zweifellos eine der größten Bundesliga-Überraschungen überhaupt. Knapp dreieinhalb Jahre, von Februar 2001 bis Mitte 2004, hat Felix Magath auch beim VfB Stuttgart die sportlichen Geschicke geleitet – es war die Zeit der „jungen Wilden“und der Vizemeisterschaft 2003.
Seit dem Ende eines Engagements in China bei Shandong Luneng ist Magath vertraglich nicht gebunden; zur Ruhe gesetzt aber hat er sich offiziell nicht. Reizen würde ihn zweifellos eine einflussreiche Position beim mittlerweile zweitklassigen Hamburger SV. Die Entwicklung seines Herzensklubs schmerzt ihn. „Ich habe beim HSV so viele wichtige Jahre verbracht, er wird immer ein ganz besonderer Verein für mich sein“, hat Magath mehr als einmal gesagt.
Aktuell eine Phase der Besinnung
Während der HSV-Dauerkrise der vergangenen Jahre war er mehrfach als „große Lösung“intern wie extern im Gespräch. Zu einer Einigung indes kam es nie. Stattdessen zum ersten Abstieg der Vereinsgeschichte; während der Talfahrt blieb dem durchaus mit Retterqualitäten ausgestatteten Coach nur die Zuschauerrolle. Sein Image des rettenden Schleifers hatte schon Magaths norwegischer ExSpieler Jan Aage Fjørtoft großartig auf den Punkt gebracht: „Ob Felix Magath die Titanic gerettet hätte, weiß ich nicht. Aber die Überlebenden wären topfit gewesen.“
Nun also wird Felix Magath 65. „Jetzt gönne ich mir eine Schaffenspause“, verrät er. „Es ist eine Phase der Besinnung, ob ich nach 65 Jahren ganz was Anderes oder doch wieder Fußball mache.“Wenn wieder Fußball, dann wieder als „Quälix“? Felix Magath ärgert, dass er als Trainer in einer Schublade schmort. Er sei nicht der Schleifer, als der er dargestellt wird: „Heute gibt es Fitness-Center. Als ich beim HSV anfing, gab es für das Krafttraining eben fast nur Medizinbälle.“